‚Lyrisches Wir‘ ist ein Fachbegriff aus der Literaturwissenschaft. Er bezeichnet die Sprecherinstanz in Gedichten, die in der 1. Person Plural geschrieben sind.
Man erkennt das lyrische Wir an den Pronomen ‚wir‘, ‚uns‘ und ‚unser‘/‚unsere‘.
Ein Beispiel für ein Gedicht mit einem lyrischen Wir ist „Die Häfen waren geöffnet“ (1948) von Ingeborg Bachmann:
Die Häfen waren geöffnet. Wir schifften uns ein,
die Segel voraus, den Traum über Bord,
Stahl an den Knien und Lachen um unsere Haare,
denn unsere Ruder trafen ins Meer, schneller als Gott.
Unsere Ruder schlugen die Schaufeln Gottes und teilten die Flut;
vorne war Tag, und hinten blieben die Nächte,
oben war unser Stern, und unten versanken die andern,
draußen verstummte der Sturm, und drinnen wuchs unsre Faust.
Erst als ein Regen entbrannte, lauschten wir wieder;
Speere stürzten herab und Engel traten hervor,
hefteten schwärzere Augen in unsere schwarzen.
Vernichtet standen wir da. Unser Wappen flog auf:
Ein Kreuz im Blut und ein größeres Schiff überm Herzen.
Das lyrische Wir kann als Sonderform des lyrischen Ichs verstanden werden. Beide Begriffe haben die Funktion, die Sprecherinstanz in einem Gedicht von der Person des Autors oder der Autorin zu unterscheiden.
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