Kreuzreim | Beispiele & Wirkung im Gedicht

Der Kreuzreim ist ein Reimschema, bei dem die Reime dem Muster a-b-a-b folgen. Es reimt sich beim Kreuzreim also jeder zweite Vers.

Beispiel: Kreuzreim
Wasser stürzt, uns zu verschlingen,   (a)
Rollt der Fels, uns zu erschlagen,   (b)
Kommen schon auf starken Schwingen   (a)
Vögel her, uns fortzutragen.   (b)

(Hugo von Hofmannsthal, „Reiselied“, 1898, Strophe 1)

Der Kreuzreim ist zusammen mit dem Paarreim und dem umarmenden Reim eines der häufigsten Reimschemas in deutschen Gedichten.

Beachte
Von einem Reim spricht man, wenn zwei Wörter ab dem letzten betonten Vokal gleich oder ähnlich klingen, z. B.:

  • verschlingen–Schwingen
  • erschlagen–fortzutragen

Bei der Analyse des Reimschemas sind mit ‚Reimen‘ immer die Reime am Versende (= Ausgangsreime) gemeint.

Was ist ein Kreuzreim? (mit Beispielen)

Der Kreuzreim ist ein Reimschema, das in deutschen Gedichten häufig vorkommt. Die Reime folgen dabei dem Muster a-b-a-b.

Um im Rahmen einer Gedichtanalyse oder Gedichtinterpretation das Reimschema zu bestimmen, markiert man die Reime am Versende jeweils mit einem Kleinbuchstaben.

Jedes neue Reimpaar erhält bei der Bestimmung des Reimschemas einen neuen Kleinbuchstaben in alphabetischer Reihenfolge.

So bestehen die ersten beiden Strophen des Gedichts „Am Turme“ von Annette von Droste-Hülshoff aus acht Reimpaaren mit dem Muster a-b-a-b-c-d-c-d / e-f-e-f-g-h-g-h.

Beispiel: Kreuzreim
Ich steh’ auf hohem Balkone am Turm,  (a)
Umstrichen vom schreienden Stare,  (b)
Und laß’ gleich einer Mänade den Sturm  (a)
Mir wühlen im flatternden Haare;  (b)
O wilder Geselle, o toller Fant,  (c)
Ich möchte dich kräftig umschlingen,  (d)
Und, Sehne an Sehne, zwei Schritte vom Rand  (c)
Auf Tod und Leben dann ringen!  (d)
Und drunten seh’ ich am Strand, so frisch  (e)
Wie spielende Doggen, die Wellen  (f)
Sich tummeln rings mit Geklaff und Gezisch,  (e)
Und glänzende Flocken schnellen.  (f)
O, springen möcht’ ich hinein alsbald,  (g)
Recht in die tobende Meute,  (h)
Und jagen durch den korallenen Wald  (g)
Das Walroß, die lustige Beute!  (h)

(Annette von Droste-Hülshoff, „Am Turme“, 1842, Strophe 1–2)

Eine Variante des Kreuzreims ist der sogenannte halbe Kreuzreim, bei dem sich nur die geradzahligen Verse reimen.

Die anderen Verse, die sich nicht reimen, werden in diesem Fall mit einem ‚x‘ markiert. Das Muster der Reime lautet entsprechend x-a-x-a-x-b-x-b usw.

Beispiel: halber Kreuzreim
An jenem Tag im blauen Mond September (x)
Still unter einem jungen Pflaumenbaum (a)
Da hielt ich sie, die stille bleiche Liebe (x)
In meinem Arm wie einen schönen Traum. (a)
Und über uns im schönen Sommerhimmel (x)
War eine Wolke, die ich lange sah (b)
Sie war sehr weiß und ungeheuer oben (x)
Und als ich aufsah, war sie nimmer da. (b)

(Bertolt Brecht, „Erinnerung an die Marie A.“, 1920, Strophe 1)

Außerdem haben bestimmte Strophenformen den Kreuzreim als festen Bestandteil. Dazu zählt z. B. die Stanze, bei der die Reime dem Muster a-b-a-b-a-b-c-c folgen.

Eine Stanze besteht also aus sechs Versen im Kreuzreim, gefolgt von zwei weiteren Versen im Paarreim.

Die berühmtesten Stanzen der deutschen Literatur finden sich in der Zueignung (= Widmung) am Beginn von Goethes „Faust I“, die aus insgesamt vier Stanzen besteht.

Beispiel: Stanze auf Goethes Faust I
Sie hören nicht die folgenden Gesänge, (a)
Die Seelen, denen ich die ersten sang; (b)
Zerstoben ist das freundliche Gedränge, (a)
Verklungen, ach! der erste Widerklang. (b)
Mein Lied ertönt der unbekannten Menge, (a)
Ihr Beifall selbst macht meinem Herzen bang, (b)
Und was sich sonst an meinem Lied erfreuet, (c)
Wenn es noch lebt, irrt in der Welt zerstreuet. (c)

(Johann Wolfgang von Goethe, „Faust I“, Zueignung, Strophe 3)

Kreuzreim: Wirkung

Der Kreuzreim kann verschiedene Wirkungen haben, z. B.

Abwechslung und Dynamik

Der Kreuzreim erzeugt in Gedichten häufig Abwechslung und Dynamik. Er eignet sich daher gut, um inhaltliche Motive wie Abenteuer und Reisen zu unterstreichen.

Ein Beispiel dafür ist die erste Strophe des Gedichts „Reiselied“ von Hugo von Hofmannsthal, die von den Gefahren einer Reise durchs Gebirge handelt.

Die abwechselnden Reime stehen hier für die wechselnden Gefahren, die dem/der Reisenden im Gebirge auflauern.

Beispiel: Dynamik erzeugen mit Kreuzreim
Wasser stürzt, uns zu verschlingen, (a)
Rollt der Fels, uns zu erschlagen, (b)
Kommen schon auf starken Schwingen (a)
Vögel her, uns fortzutragen. (b)

(Hugo von Hofmannsthal, „Reiselied“, 1898, Strophe 1)

Die dynamische Wirkung des Kreuzreims wird hier besonders deutlich, weil die folgenden beiden Strophen, die von der Ankunft im Tal handeln, im verschränkten Reim (c-d-e c-d-e) verfasst sind.

Anders als beim Kreuzreim reimt sich beim verschränkten Reim nur jeder dritte Vers, wodurch sich das Tempo verlangsamt, wie der Schritt des/der Reisenden bei der Ankunft im Tal.

Beispiel: Tempo verlangsamen mit verschränktem Reim
Aber unten liegt ein Land,  (c)
Früchte spiegelnd ohne Ende  (d)
In den alterslosen Seen.  (e)
Marmorstirn und Brunnenrand  (c)
Steigt aus blumigem Gelände,  (d)
Und die leichten Winde wehn.  (e)

(Hugo von Hofmannsthal, „Reiselied“, 1898, Strophe 2–3)

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Tipp
Neben dem Reimschema ist ein weiteres formales Element von Gedichten das Versmaß (= Metrum).

Es beschreibt den Rhythmus eines Gedichts, der durch die regelmäßige Abfolge von betonten und unbetonten Silben entsteht.

Bei einer Gedichtanalyse oder Gedichtinterpretation wird in der Regel nicht nur das Reimschema untersucht, sondern auch das Versmaß.

Bildhafte Wirkung

Manchmal wird der Kreuzreim auch genutzt, um eine bildhafte Wirkung zu erzielen. Ein Beispiel dafür ist die Ballade „Der Zauberlehrling” von Johann Wolfgang von Goethe.

Die Ballade handelt davon, wie ein Zauberlehrling einen Besen verzaubert, damit dieser für ihn Wasser vom Fluss holt.

Das Hin-und-her-Laufen des Besens findet dabei auf der formalen Ebene eine bildhafte Entsprechung im Hin und Her des Kreuzreims.

Beispiel: Bildhafte Wirkung erzielen mit Kreuzreim
Seht, er läuft zum Ufer nieder; (a)
Wahrlich! ist schon an dem Flusse, (b)
und mit Blitzesschnelle wieder (a
ist er hier mit raschem Gusse. (b)
Schon zum zweiten Male! (c)
Wie das Becken schwillt! (d)
Wie sich jede Schale (c)
voll mit Wasser füllt! (d)

(Johann Wolfgang von Goethe, „Der Zauberlehrling“, 1798, Strophe 3)

Diese bildhafte Wirkung wird in der Ballade noch dadurch verstärkt, dass Goethe für die Zaubersprüche ein anderes, komplexeres Reimschema verwendet.

Tipp
Zauberer und Hexen kommen auch in vielen Halloween-Gedichten vor, mit denen du Familie und Freunde in eine schaurige Stimmung versetzen kannst.

Paarreim, Kreuzreim, umarmender Reim

Paarreim, Kreuzreim und umarmender Reim sind die drei häufigsten Reimschemas in deutschen Gedichten. Sie bestehen jeweils aus zwei Reimpaaren.

Im Paarreim reimen sich zwei direkt aufeinanderfolgende Verse, im Kreuzreim reimt sich jeder zweite Vers und beim umarmenden Reim umschließt das eine Reimpaar das andere:

Beachte
Neben Paarreim, Kreuzreim und umarmenden Reim gibt es noch weitere Reimschemas, z. B.:

  • Schweifreim: a-a-b-c-c-b
  • Verschränkter Reim: a-b-c-a-b-c
  • Kettenreim: a-b-a-b-c-b

Im Unterschied zu Paarreim, Kreuzreim und umarmenden Reim bestehen diese Reimschemas jeweils aus drei Reimpaaren.

Häufig gestellte Fragen zum Kreuzreim

Welche 4 Reimschemas gibt es?

Es gibt viele verschiedene Reimschemas in Gedichten.

4 Reimschemas, die besonders häufig vorkommen, sind:

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Was ist die Bedeutung von ‚Kreuzreim‘?

Mit ‚Kreuzreim‘ ist ein Reimschema gemeint, bei dem die Reime am Ende der Verse dem Muster a-b-a-b folgen.

Ein Beispiel dafür ist die erste Strophe des Gedichts „Reiselied” von Hugo von Hofmannsthal:

Wasser stürzt, uns zu verschlingen,  (a)
Rollt der Fels, uns zu erschlagen,  (b)
Kommen schon auf starken Schwingen  (a)
Vögel her, uns fortzutragen.  (b)


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Was ist der Unterschied zwischen Kreuzreim und Paarreim?

Kreuzreim und Paarreim sind häufige Reimschemas in deutschen Gedichten.

Der Unterschied besteht darin, dass sich beim Paarreim stets zwei direkt aufeinanderfolgende Verse reimen. Das Muster lautet also: a-a-b-b.

Beim Kreuzreim reimt sich dagegen jeder zweite Vers. Das Muster lautet entsprechend: a-b-a-b.

Weitere Erklärungen und Beispiele zu diesen und weiteren Reimschemas findest du in unserem Artikel über das Reimschema.

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Ist abab ein Kreuzreim?

Ja, wenn die Reime in einem Gedicht dem Muster a-b-a-b folgen, handelt es sich um einen Kreuzreim. Es reimt sich beim Kreuzreim also jeder zweite Vers.

Weitere häufige Reimschemas Gedichten sind:

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Was ist ein Beispiel für den Kreuzreim?

Ein Beispiel für den Kreuzreim ist das Gedicht „Epigramma“ von Sibylla Schwarz. Es besteht nur aus vier Versen und die Reime folgen dem Muster a-b-a-b:

Du meinst ich soll dein noch gedencken und dich lieben  (a)
ob du mich schon verläst / ey sey doch nicht so toll  (b)
Ich habe dir ja offt vor disem schon geschrieben:  (a)
Daß niemand Eysen / Stein und Klöze lieben soll.  (b)


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Alexander Schnorbusch, M.A.

Alexander hat Philosophie und Literarisches Schreiben studiert und promoviert aktuell an der Hochschule für Philosophie München. Er schreibt über Grammatik, Stil und effektiven Sprachgebrauch.