Schweifreim | Schema, Beispiele & Wirkung
Der Schweifreim ist ein Reimschema, bei dem die Reime am Versende dem Schema a-a-b-c-c-b folgen.
Ja! Ich weiß, woher ich stamme! | (a) |
Ungesättigt gleich der Flamme | (a) |
Glühe und verzehr ich mich. | (b) |
Licht wird alles, was ich fasse, | (c) |
Kohle alles, was ich lasse, | (c) |
Flamme bin ich sicherlich! | (b) |
(Friedrich Nietzsche, „Ecco Homo“, 1882)
Der Schweifreim ist zusammen mit dem Paarreim, dem Kreuzreim und dem umarmenden Reim eines der häufigsten Reimschemas in deutschen Gedichten.
Im Unterschied zu diesen Reimschemas besteht der Schweifreim jedoch aus drei Reimpaaren und ist daher etwas komplexer.
- stamme – Flamme
- mich – sicherlich
- fasse – lasse
Bei der Analyse des Reimschemas sind mit ‚Reim‘ immer die Reime am Ende der Verse (Ausgangsreime) gemeint. Daneben gibt es jedoch noch weitere Reimarten wie den Binnenreim, bei dem mindestens eines der Reimwörter im Versinneren steht.
Was ist ein Schweifreim?
Der Schweifreim ist ein Reimschema, das aus drei Reimpaaren besteht. Die Reime folgen dabei dem Muster a-a-b-c-c-b.
Um das Reimschema zu bestimmen, markiert man die Ausgangsreime jeweils mit einem Kleinbuchstaben.
Jedes neue Reimpaar erhält bei der Bestimmung des Reimschemas einen neuen Kleinbuchstaben in alphabetischer Reihenfolge.
So entsprechen die Reime in dem folgenden Beispiel dem Schema a-a-b-c-c-b / d-d-e-f-f-e.
Als jüngst die Nacht im sonnenmüden Land | (a) |
Der Dämmrung leise Boten hat gesandt, | (a) |
Da lag ich einsam noch in Waldes Moose. | (b) |
Die dunklen Zweige nickten so vertraut, | (c) |
An meiner Wange flüsterte das Kraut, | (c) |
Unsichtbar duftete die Heiderose. | (b) |
Und flimmern sah ich durch der Linde Raum | (d) |
Ein mattes Licht, das im Gezweig der Baum | (d) |
Gleich einem mächtgen Glühwurm schien zu tragen. | (e) |
Es sah so dämmernd wie ein Traumgesicht, | (f) |
Doch wußte ich, es war der Heimat Licht, | (f) |
In meiner eignen Kammer angeschlagen. | (e) |
(Annette von Droste-Hülshoff, „Im Moose“, 1844, Strophe 1–2)
Weitere Reimschemas, die sich wie der Schweifreim aus drei Reimpaaren zusammensetzen, sind:
- Verschränkter Reim: a-b-c-a-b-c
- Kettenreim: a-b-a-b-c-b oder a-b-a-c-b-c
Folgende Reimschemas setzen sich dagegen nur aus zwei Reimpaaren zusammen. Sie sind daher etwas einfacher und kommen häufiger vor:
- Paarreim: a-a-b-b
- Kreuzreim: a-b-a-b
- Umarmender Reim: a-b-b-a
Stattdessen lässt sich die Reimfolge ‚a-b-a-a-b‘ z. B. als Kreuzreim mit eingeschlossenem Paarreim interpretieren.
Eine feste Bezeichnung gibt es für dieses Reimschema nicht.
Es beschreibt den Rhythmus eines Gedichts, der durch die regelmäßige Abfolge von betonten und unbetonten Silben entsteht.
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Schweifreim: Wirkung
Der Schweifreim (a-a-b-c-c-b) ist ein komplexes Reimschema. Seine Wirkung besteht meistens darin, dass er sechs Verse zu einer gedanklichen Einheit verbindet.
Häufig bilden beim Schweifreim die Verse 1–3 und die Verse 4–6 zusammen einen Satz oder eine Sinneinheit.
Indem sich Vers 3 und Vers 6 reimen, werden diese beiden Sinneinheiten klanglich miteinander verwoben. So entsteht eine größere Einheit, die die ganze Strophe umfasst.
Ein bekanntes Beispiel dafür ist das Gedicht „Abendlied“ von Matthias Claudius, das der Naturlyrik zuzurechnen ist.
Der Mond ist aufgegangen, | (a) |
Die goldnen Sternlein prangen | (a) |
Am Himmel hell und klar. | (b) |
Der Wald steht schwarz und schweiget | (c) |
Und aus den Wiesen steiget | (c) |
Der weiße Nebel wunderbar. | (b) |
(Matthias Claudius, „Abendlied“, 1779, Strophe 1 )
Die Verse 1 bis 3 beschreiben in diesem Beispiel den Abendhimmel. Die Verse 4 bis 6 beschreiben den abendlichen Wald und die Wiesen, von denen Nebel aufsteigt.
Durch den Reim der Verse 3 und 6 (klar – wunderbar) werden beide Sinneinheiten miteinander verknüpft, sodass ein Gesamtbild des Abends entsteht.
Ein weiteres Beispiel für diese Wirkung des Schweifreims ist das humoristische Gedicht „Gemartert“ von Wilhelm Busch.
Ein gutes Tier | (a) |
Ist das Klavier, | (a) |
Still, friedlich und bescheiden, | (b) |
Und muß dabei | (c) |
Doch vielerlei | (c) |
Erdulden und erleiden. | (b) |
Der Virtuos | (d) |
Stürzt darauf los | (d) |
Mit hochgesträubter Mähne. | (e) |
Er öffnet ihm | (f) |
Voll ungestüm | (f) |
Den Leib, gleich der Hyäne. | (e) |
(Wilhelm Busch, „Gemartert“, 1870, Strophe 1–2)
Auch hier bilden die ersten drei Verse und die letzten drei Verse der Strophen jeweils eine Sinneinheit. Beide Sinneinheiten werden durch den Reim des dritten Verses mit dem sechsten Vers zu einer Gesamtheit verwoben.
Weitere Beispiele für diese Wirkung des Schweifreims sind die Gedichte
- „Der Musensohn“ (1799) von Johann Wolfgang Goethe,
- „Der Hünenstein“ (1844) von Annette von Droste-Hülshoff und
- „An die Grundmächte“ (1936) von Oskar Loerke.
Schweifreim im Sonett
Der Schweifreim tritt häufig in den Schluss-Terzetten von Sonetten auf.
Das Sonett ist eine Gedichtart, die aus genau vierzehn Versen besteht und vor allem in der Literaturepoche des Barock verwendet wurde. Ein Terzett ist eine Strophe aus drei Versen.
Ein deutscher Barock-Dichter, der den Schweifreim besonders oft in den Schluss-Terzetten seiner Sonette verwendete, war Andreas Gryphius.
Wir sind doch nunmehr gantz / ja mehr denn gantz verheeret! | (a) |
Der frechen Völcker Schaar / die rasende Posaun | (b) |
Das vom Blutt fette Schwerdt / die donnernde Carthaun / | (b) |
Hat aller Schweiß / und Fleiß / und Vorrath auffgezehret. | (a) |
Die Türme stehn in Glutt / die Kirch ist umgekehret. | (c) |
Das Rathauß ligt im Grauß / die Starcken sind zerhaun / | (d) |
Die Jungfern sind geschänd’t / und wo wir hin nur schaun | (d) |
Ist Feuer / Pest / und Tod / der Hertz und Geist durchfähret. | (c) |
Hir durch die Schantz und Stadt / rinnt allzeit frisches Blutt. | (e) |
Dreymal sind schon sechs Jahr / als vnser Ströme Flutt / | (e) |
Von Leichen fast verstopfft / sich langsam fort gedrungen. | (f) |
Doch schweig ich noch von dem / was ärger als der Tod / | (g) |
Was grimmer denn die Pest / und Glutt und Hungersnoth | (g) |
Das auch der Seelen Schatz / so vielen abgezwungen. | (f) |
(Andreas Gryphius, „Tränen des Vaterlandes“, 1637)
Die ersten beiden Strophen in diesem Sonett enthalten einen umarmenden Reim. Die beiden Schluss-Terzette bilden zusammen einen Schweifreim.
Schweifreim aufteilen?
Auf manchen Seiten findet man den Hinweis, dass man den Schweifreim auch in einen einzelnen Paarreim (a-a) und einen umarmenden Reim (b-c-c-b) aufteilen kann.
Dies ist zwar formal richtig. Doch sollte eine solche Aufteilung nur dann vorgenommen werden, wenn sie auch zum Inhalt des Gedichts passt.
Ein Beispiel dafür sind die beiden letzten beiden Strophen des Sonetts „Es ist alles eitel“ (1637) von Andreas Gryphius, die zusammen einen Schweifreim bilden.
Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden, | (a) |
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein; | (b) |
Wo jetzund Städte stehn, wird eine Wiese sein, | (b) |
Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden. | (a) |
Was jetzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden; | (a) |
Was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein; | (b) |
Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein. | (b) |
Jetzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden. | (a) |
Der hohen Taten Ruhm muß wie ein Traum vergehn. | (c) |
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch bestehn? | (c) |
Ach, was ist alles dies, was wir vor köstlich achten, | (d) |
Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind, | (e) |
Als eine Wiesenblum, die man nicht wieder findt! | (e) |
Noch will, was ewig ist, kein einig Mensch betrachten. | (d) |
(Andreas Gryphius, „Es ist alles eitel“, 1637)
In diesem Beispiel erscheint eine Aufteilung des Schweifreims (c-c-d-e-e-d) in einen Paarreim und einen umarmenden Reim sinnvoll.
Die beiden Verse im Paarreim (c-c) formulieren eine Feststellung über die Vergänglichkeit des Menschen sowie daran anknüpfend eine rhetorische Frage.
Die folgenden vier Verse im umarmenden Reim (d-e-e-f) können als Reaktion auf diese Frage verstanden werden.
In vielen anderen Gedichten, die als Reimschema den Schweifreim verwenden (z. B. „Abendlied“ von Matthias Claudius), ergibt eine solche Aufteilung jedoch keinen Sinn.
Denn meistens verbindet der Schweifreim zwei Sinneinheiten (a-a-b und c-c-b) zu einem gedanklichen oder bildlichen Ganzen, wie oben im Kapitel zur Wirkung beschrieben.
Häufig gestellte Fragen zu Schweifreim
- Wie funktioniert ein Schweifreim?
-
Der Schweifreim ist ein Reimschema, das nach dem Muster a-a-b-c-c-b funktioniert.
Meistens bilden dabei die ersten drei Verse (a-a-b) sowie die letzten drei Verse (c-c-b) jeweils einen Satz oder ein Sinneinheit.
Indem sich beim Schweifreim die Verse 3 und 6 reimen, werden beide Sinneinheiten zu einem Gesamtbild verbunden.
Eine Aufteilung des Schweifreims in einen Paarreim (a-a) und einen umarmenden Reim (b-c-c-b) ist nur dann sinnvoll, wenn sie zum Inhalt des Gedichts passt.
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- Welches Schema spiegelt den Schweifreim wider?
-
Beim Schweifreim folgen die Reime dem Schema a-a-b-c-c-b.
Meistens bilden dabei die ersten drei Verse (a-a-b) sowie die letzten drei Verse (c-c-b) jeweils einen Satz oder eine Sinneinheit.
Indem sich jeweils die letzten Verse dieser Sinneinheiten reimen, werden sie miteinander verknüpft und ein Gesamtbild entsteht.
Eine Aufteilung des Schweifreims in einen Paarreim (a-a) und einen umarmenden Reim (b-c-c-b) ist nur dann sinnvoll, wenn sie zum Inhalt des Gedichts passt.
Ein weiteres Reimschema, das in deutschen Gedichten häufig vorkommt, ist der Kreuzreim (a-b-a-b).
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- Welche 4 Reimschemas gibt es?
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Es gibt viele verschiedene Reimschemas in Gedichten.
4 Reimschemas, die besonders häufig vorkommen, sind:
- Paarreim: a-a-b-b
- Kreuzreim: a-b-a-b
- Umarmender Reim: a-b-b-a
- Schweifreim: a-a-b-c-c-b
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- Wie heißt das ‚abaab‘ Reimschema?
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Das Reimschema ‚abaab‘ könnte man als Kreuzreim mit eingeschlossenem Paarreim bezeichnen.
Beispiel: ‚abaab‘ Wer ist es, wer mich so liebt, dass er (a) sein liebes Leben verstößt? (b) Wenn einer für mich ertrinkt im Meer, (a) so bin ich vom Steine zur Wiederkehr (a) ins Leben, ins Leben erlöst. (b) (Rainer Maria Rilke, „Das Lied der Bildsäule“, 1899, Strophe 1)
Das Reimschema ‚abaab‘ besteht aus fünf Versen, es bildet also einen sogenannten Fünfzeiler.
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- Was ist ein Beispiel für den Schweifreim?
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Ein Beispiel für den Schweifreim ist das Gedicht „Ecce Homo“ (1882) von Friedrich Nietzsche:
Ja! Ich weiß, woher ich stamme! (a) Ungesättigt gleich der Flamme (a) Glühe und verzehr ich mich. (b) Licht wird alles, was ich fasse, (c) Kohle alles, was ich lasse: (c) Flamme bin ich sicherlich! (b) Weitere Beispiele für den Schweifreim sind die Gedichte
- „Abendlied“ (1779) von Matthias Claudius,
- „Der Musensohn“ (1799) von Johann Wolfgang Goethe,
- „Der Hünenstein“ (1844) von Annette von Droste-Hülshoff und
- „Gemartet“ (1870) von Wilhelm Busch.
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