Legende | Definition, Bedeutung und Beispiel
Legenden sind kurze, erfundene Erzählungen, die sich jedoch meist auf reale Personen, Ereignisse oder Gegenstände beziehen. Oft werden zwei Formen der Legende unterschieden: die Heiligenlegende und die Volkslegende.
In der Heiligenlegende geht es um
- eine religiöse Heilige oder einen Heiligen (z. B. Sankt Martin) oder
- ein religiöses Ereignis (z. B. eine Wunderheilung).
In der Volkslegende geht es um
- das Leben einer sehr bekannten Person (z. B. Klaus Störtebeker) oder
- einen sehr bekannten Gegenstand (z. B. ein Schwert).
Die Legende ist eine eigene Textsorte, die zur Gattung ‚Epik‘ gehört und in Prosa (= ohne Reim und Metrum) oder in Versform (= mit Reim und Metrum) erzählt werden kann.
Der Begriff ‚Legende‘ stammt von dem lateinischen Wort ‚legenda‘, was so viel wie ‚das zu lesende Schriftstück‘ bedeutet. Früher wurden Legenden auch meist vorgelesen, z. B. in Gottesdiensten, um eine religiöse Person zu feiern.
Was ist eine Legende? Acht Bedeutungen mit Beispielen
Neben der Bedeutung als Textsorte hat der Begriff ‚Legende‘ sieben weitere Bedeutungen. Oft ist nur durch den Kontext eines Satzes erkennbar, welche Bedeutung gemeint ist.
Bedeutung von ‚Legende‘ | Beispiel |
---|---|
Textsorte ‚Legende‘
Kurze Erzählung über eine religiöse Heilige oder eine sehr bekannte Person |
Der Volkslegende nach stahl Robin Hood von den Reichen und gab es den Armen. |
Erklärung zu einer Abbildung oder einer Landkarte
Bildunterschrift z. B. einer Landkarte zur Erklärung der verwendeten Symbole |
In der Legende einer Landkarte sind Campingplätze mit einem Zeltsymbol gekennzeichnet:
⛺ = Campingplätze |
Vorurteil bzw. unwahre Behauptung
Weit verbreitete, unwahre oder unbelegte Behauptung |
Es ist eine Legende, dass Hunde und Katzen nicht zusammenleben können. |
Lebende Legende
Bekannte Person, zu deren Lebensgeschichte oder ihrem Wirken Erzählungen entstanden sind |
Usain Bolt wird oft als bester Sprinter aller Zeiten bezeichnet. Er ist eine lebende Legende. |
Großstadtlegende/Urban Legend
Schauergeschichten oder Verschwörungstheorien, die mündlich oder durch soziale Medien verbreitet werden |
Der Großstadtlegende nach infizieren Menschen andere absichtlich mit dem HI-Virus. Dabei stecken sie ihnen einen Zettel mit „Willkommen im Klub“ zu. |
Aussage über etwas Vergangenes
Aussage darüber, dass etwas der Vergangenheit angehört, ohne Artikel, in Kombination mit dem Verb sein |
Ich bin wieder gesund, meine Erkältung ist Legende. |
Erdachte Identität
Tarnidentität/falsche Identität, z. B. beim Geheimdienst |
Die Agentin führt unter einer Legende ein unauffälliges Leben in der Vorstadt. |
Beschriftung auf dem Rand einer Münze
Begriff aus der Numismatik für die Aufschrift einer Münze |
Auf der Münze ist in der Legende die Herkunft des Silbers angegeben. |
Legende als Textsorte: Merkmale mit Beispielen
Für die meisten Legenden gelten folgende Merkmale:
- Die handelnden Personen werden mit Namen genannt.
- Es werden konkrete Ort- und Zeitangaben gemacht.
- Es gibt einen religiösen Bezug (gilt nicht für die Volkslegenden).
- Die Geschichte hat einen wahren Kern.
Anhand der Legende des „Sankt Nikolaus“ sind die Merkmale der Textsorte gut zu erkennen.
Merkmal der Legende | Beispiel |
---|---|
Personen mit Namen | Es geht um Bischof Nikolaus von Myra. |
Konkrete Ort- und Zeitangaben | Nikolaus von Myra wurde der Legende nach im 4. Jhrd. n. u. Z. in Patara (heute in der Türkei) geboren. Er soll am 6. Dezember gestorben sein. |
Religiöser Bezug | Nikolaus war der Legende nach Bischof und Schutzheiliger der Seefahrenden. Er soll zudem z. B. auf wundersame Weise Getreide vermehrt und so eine Hungersnot beendet haben. |
Wahrer Kern | Es gab zwei Bischöfe, die beide Nikolaus hießen und beide im Gebiet der heutigen Türkei lebten, Nikolaus von Myra im 4. Jhrd. und Nikolaus von Sion im 6. Jhrd.
Nikolaus von Myra war bekannter, deshalb wurden viele Taten des Nikolaus von Sion ihm zugeschrieben. Die Legende des Sankt Nikolaus entstand und das Nikolausfest am 6. Dezember. |
Legende, Sage und andere Textsorten im Vergleich
Die Legende ähnelt anderen kurzen epischen Textsorten wie z. B. der Kurzgeschichte, der Erzählung, der Fabel, der Sage und dem Märchen.
Besonders viele Merkmale teilt die Legende mit der Sage und dem Märchen.
Legende | Sage | Märchen |
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Oft wahrer Kern | Oft wahrer Kern | Kein wahrer Kern |
Oft schriftlich festgehalten und vorgelesen | Oft mündlich überliefert | Mündlich überliefert oder schriftlich festgehalten |
Oft religiöser Bezug (Heiligenlegende) | Kein religiöser Bezug | Kein religiöser Bezug |
Manchmal Fabelwesen | Oft Magie und Fabelwesen | Oft Magie und Fabelwesen |
Personen haben Namen | Personen haben Namen | Manchmal keine Namen, sondern Bezeichnungen, z. B. ‚Prinzessin‘ |
Konkrete Ort- und Zeitangaben | Konkrete Ort- und Zeitangaben | Keine realen Orte oder Zeitangaben, sondern Bezeichnungen, z. B. ‚Wald‘ |
Historischer Hintergrund der Legende
Legenden gab es bereits in der Antike, damals hauptsächlich in mündlicher Form. Bis ins späte Mittelalter waren vor allem religiöse Heiligenlegenden weit verbreitet.
Ab dem Zeitalter der Renaissance wurde unter anderem von Erasmus von Rotterdam die Tatsache kritisiert, dass die Legende fiktive Elemente enthält. Denn nur überprüfbare Fakten galten für ihn als geeignet für die humanistische Bildung.
Auch Martin Luther sprach sich während der Reformation dagegen aus, fiktionale (= erfundene) Texte für Bildungszwecke zu verwenden. Er hielt zudem viele Wunder, von denen in Legenden berichtet wurde, für übertrieben und bezweifelte ihren Wahrheitsgehalt.
Während der Aufklärung entsprachen Legenden nicht den Idealen des kritischen Denkens und dem Gebrauch des eigenen Verstandes, aufgrund ihrer religiösen und ihrer fiktiven Elemente.
Erst in der Epoche der Romantik gewannen Legenden wieder an Beliebtheit, durch eine Faszination mit dem Mystischen und Unerklärlichen. Es wurden viele neue Legenden verfasst, unter anderem von Johann Wolfgang von Goethe.
Heute sind vor allem Großstadtlegenden (Urban Legends) verbreitet und Legenden in Büchern, Filmen, Serien und Videospielen, in denen oft magische Elemente vorkommen.
- Die Legende von Korra (Serie)
- The Legend of Zelda (Videospiel)
Sonderform der Legende: Wanderlegende
Die Wanderlegende ist eine Legende, die immer wieder erzählt wird und sich dadurch im Laufe der Zeit verändert. Wanderlegenden haben in der Regel den gleichen Inhalt, es kommen aber verschiedene Personen und verschiedene Orte vor.
Als der König vorschlug, das Kind in zwei Hälften zu teilen, widersprach nur eine der Frauen. Die Tatsache, dass der Frau das Leben des Kindes mehr bedeutete als ihr Anspruch, bewies, dass sie die wahre Mutter des Kindes war.
Die Legende wird neben König Salomo auch vielen anderen Herrschern zugeschrieben. Sie kommt in verschiedenen religiösen Schriften mit dem Namen des jeweiligen Herrschers vor.
Häufig gestellte Fragen zur Legende
- Was ist eine lebende Legende?
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Als lebende Legende werden Menschen bezeichnet, die bereits zu Lebzeiten so berühmt sind, dass sich Geschichten um sie gebildet haben. Der Musiker Bob Dylan wird z. B. oft als lebende Legende bezeichnet.
- Was sind Urban Legends?
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Urban Legends, auch Großstadtlegenden genannt, sind Schauergeschichten oder Verschwörungstheorien, deren Ursprung meist nicht mehr nachzuvollziehen ist.
Sie werden mündlich oder über soziale Medien verbreitet und anders als bei der Textsorte ‚Legende‘ ist oft nicht nachprüfbar, ob sie einen wahren Kern haben.
Ein Beispiel für eine Großstadtlegende (Urban Legend) sind Krokodile, die angeblich im Abwassersystem der Stadt New York leben.
- Haben Legenden einen wahren Kern?
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Ja, viele Legenden haben einen wahren Kern und beziehen sich auf reale Personen und Orte. Trotz realer Aspekte sind Legenden jedoch fiktionale (= erfundene) Texte.
Die Volkslegende vom Ungeheuer von Loch Ness bezieht sich z. B. auf einen realen Ort, die Existenz eines Ungeheuers ist jedoch nie bewiesen worden.