Kurzgeschichte: Merkmale und Beispiele
Die Kurzgeschichte (englisch ‚short story‘) ist eine Textsorte der Gattung ‚Epik‘, also der erzählenden Literatur.
Merkmale der klassischen Kurzgeschichte sind unter anderem
- die Kürze des Textes,
- ein unmittelbarer Anfang,
- alltägliche Figuren,
- alltägliche Situationen,
- alltägliche Sprache und
- ein offenes Ende (oft mit einer Pointe).
Heute wird die Textsorte ‚Kurzgeschichte‘ häufig offener betrachtet. Die Texte sind teilweise länger und enthalten Merkmale anderer Textsorten (z. B. Märchen). Auch Genre-Elemente, etwa aus den Bereichen Fantasy oder Science Fiction spielen eine immer größere Rolle.
- „Das Fenster-Theater“ von Ilse Aichinger
- „Die Küchenuhr“ von Wolfgang Borchert
- „Camera Obscura“ von Judith Hermann
- „Das Märchen vom Glück“ von Erich Kästner
- „Der Bär kletterte über den Berg“ von Alice Munro
- „Visitor“ von Bryan Washington
Die Merkmale einer Kurzgeschichte
Die charakteristische Kürze der Textsorte zeigt sich darin, dass folgende Aspekte der Kurzgeschichte eher einfach gehalten sind:
Die dargestellten Merkmale sind charakteristisch für die Textsorte ‚Kurzgeschichte‘.
Der Begriff ‚Kurzgeschichte‘ wird jedoch ähnlich wie ‚Erzählung‘ teilweise auch als Oberbegriff für kürzere epische Texte verwendet, die andere Merkmale aufweisen können.
Längere Formen der Epik sind die Erzählung, die Novelle, der Roman und das Epos.
Aufbau und Handlung einer Kurzgeschichte
Die Handlung einer Kurzgeschichte ist auf das Wesentliche reduziert.
Für viele Kurzgeschichten gilt:
- Sie beginnen plötzlich und unmittelbar (‚in medias res‘).
- Die Handlung besteht nur aus einem Handlungsstrang.
- Die erzählte Zeit ist kurz (wenige Minuten oder Stunden).
- Es kommen wenige Orte vor, die zudem oft nicht benannt werden.
- Das Ende ist offen und es gibt oft eine Pointe.
Handelt eine Kurzgeschichte nur von einem Streit zwischen einem Ehepaar, so ist der Streit der einzige Handlungsstrang.
Verliebt sich eine Detektivin in einem Detektivroman, sind die Aufklärung des Verbrechens und die Liebesgeschichte zwei ineinander verwobene Handlungsstränge.
Merkmal | Beispiel | Erklärung |
---|---|---|
Unmittelbarer Anfang | „Sie sahen ihn schon von weitem auf sich zukommen, denn er fiel auf. […] Er setzte sich mit seinem alten Gesicht zu ihnen auf die Bank.“ (Borchert, 1949) | Die Kurzgeschichte beginnt ‚in medias res‘ mit einem plötzlichen Einstieg in die Handlung.
Ein junger Mann geht auf eine Parkbank zu und setzt sich zu den Menschen, die bereits dort sitzen. |
Knappe Handlung | Die Rahmenhandlung der Kurzgeschichte ist eine kurze Unterhaltung.
In einer Rückblende erinnert sich der Protagonist an Szenen mit seiner Mutter. |
Es gibt nur einen Handlungsstrang, das Gespräch auf der Bank.
Die Rückblende in Form von Erinnerungen sind in den Dialog integriert und unterbrechen die Handlung nicht. |
Kurze erzählte Zeit | Das Gespräch auf der Parkbank dauert nur wenige Minuten. | Die erzählte Zeit beträgt wenige Minuten und erstreckt sich auf das kurze Gespräch auf der Parkbank. |
Wenige Orte, oft nicht benannt | „Er setzte sich mit seinem alten Gesicht zu ihnen auf die Bank.
[…] Und ich ging immer gleich in die Küche.“ (Borchert, 1949) |
Als Orte kommen nur die Parkbank und die Küche in der Erinnerung des Protagonisten vor.
Die Stadt, in der die Geschichte spielt, wird nicht benannt. |
Offenes Ende | „Und der Mann, der neben ihm saß, sah auf seine Schuhe. Aber er sah seine Schuhe nicht. Er dachte immerzu an das Wort Paradies.“ (Borchert, 1949) | Die Handlung endet plötzlich. Die Lesenden wissen nicht, ob das Gespräch auf der Bank noch weitergeht und was mit dem Protagonisten passiert. |
Charakterisierung der Figuren in Kurzgeschichten
Auch die Figuren in Kurzgeschichten sind häufig auf das Wesentliche reduziert.
Oft bedeutet das, dass nur wenige Figuren vorkommen und diese Figuren
- namenlos bleiben,
- alltägliche Situationen erleben,
- typisiert dargestellt sowie wenig charakterisiert werden und
- stellvertretend für eine größere Personengruppe stehen.
Mit diesen sparsamen Mitteln werden in Kurzgeschichten oft Probleme behandelt, die viele Menschen betreffen.
Die Figuren und Situationen werden absichtlich alltäglich gehalten. Es geht in Kurzgeschichten nur selten um Helden bzw. Heldinnen, die etwas Außergewöhnliches erleben.
Merkmal | Beispiel | Erklärung |
---|---|---|
Namenlose Figuren | „Das war unsere Küchenuhr, sagte er und sah sie alle der Reihe nach an, die auf der Bank in der
Sonne saßen.“ (Borchert, 1949) |
Die Figuren bleiben namenlos. Es werden nur Pronomen verwendet (z. B. ‚er‘). |
Alltägliche Situationen | „Er setzte sich […] zu ihnen auf die Bank. Und dann zeigte er ihnen, was er in der Hand trug.“ (Borchert, 1949) | Es geht um eine Begegnung auf einer Parkbank. |
Typisierte Figuren | „Er hatte ein ganz altes Gesicht, aber wie er ging, daran sah man, dass er erst zwanzig war.“ (Borchert, 1949) | Das Alter des Protagonisten ist bekannt, er wird jedoch darüber hinaus kaum charakterisiert. |
Stellvertretende für eine größere Personengruppe | „Sie haben wohl alles verloren?
Ja, ja, sagte er freudig, denken Sie, aber auch alles!“ (Borchert, 1949) |
Der Protagonist steht stellvertretend für Menschen, die im Krieg ihre Familien verloren haben und versuchen, den Verlust zu verarbeiten. |
Sprache in Kurzgeschichten
Die Kürze von Kurzgeschichten äußert sich sprachlich häufig durch
- sprachliche Verdichtung und
- das Fehlen von Erklärungen oder Deutungen.
Merkmal | Beispiel | Erklärung |
Sprachliche Verdichtung | „Er sah die anderen an, aber die hatten ihre Augen von ihm weggenommen.“ (Borchert, 1949) | Das Verb ‚weggenommen‘ wirkt sprachlich verdichtend. Es beschreibt nicht nur, dass die Personen auf der Bank in eine andere Richtung schauen. An der Formulierung ist erkennbar, dass sie dem Protagonisten absichtlich ihren Blick entziehen. |
Fehlende Erklärungen oder Deutungen | „Er hielt eine runde tellerweiße Küchenuhr vor sich hin und tupfte mit dem Finger die blaubemalten Zahlen ab.“ (Borchert, 1949) | Die Handlungen des Protagonisten werden beschrieben, Gründe und seine Gedanken und Gefühle werden jedoch nicht benannt. |
Für die sprachliche Verdichtung werden oft Stilmittel genutzt, z. B.
- Anapher,
- Metapher,
- Oxymoron und
- Personifikation.
Stilmittel | Beispiel | Wirkung |
---|---|---|
Anapher
(Wortwiederholung in aufeinanderfolgenden Sätzen, Satzteilen, Strophen oder Versen) |
„Und sie saß so lange bei mir, bis ich satt war.
Und dann hörte ich sie noch die Teller wegsetzen, wenn ich in meinem Zimmer schon das Licht ausgemacht hatte.“ (Borchert, 1949) |
Durch die Anapher wird das Tempo des Textes erhöht. Außerdem wird durch die Wiederholung deutlich, dass der Protagonist nicht vorher überlegt, was er sagen will, sondern ausspricht, was ihm gerade durch den Kopf geht. |
Metapher
(Bedeutungsübertragung von einem Begriff auf einen anderen) |
„Er hatte ein ganz altes Gesicht, aber wie er ging, daran sah man, dass er erst zwanzig war.“ (Borchert, 1949) | Das ‚ganz alte Gesicht‘ des Protagonisten ist eine Metapher für die Spuren, die der Krieg und der Verlust seiner Eltern hinterlassen haben. |
Oxymoron
(Widerspruch innerhalb eines Wortes oder aufeinanderfolgender Wörter) |
„Und meistens immer um halbdrei.“ (Borchert, 1949) | Durch das Oxymoron werden die Aufregung und die Angst des Protagonisten deutlich. |
Personifikation
(Übertragung menschlicher Eigenschaften auf unbelebte Dinge) |
„Da sagte er der Uhr leise ins weißblaue runde Gesicht: Jetzt, jetzt weiß ich, dass es das Paradies war. Das richtige Paradies.“ (Borchert, 1949) | Die Uhr ist der einzige Gegenstand, der dem Protagonisten als Erinnerung an seine Familie bleibt. Deshalb wird sie an dieser Stelle, aufgeladen mit den Erinnerungen und dabei personifiziert. |
Die Verwendung von Stilmitteln zur Verdichtung ist kein Gegensatz zu der für Kurzgeschichten typischen einfachen Sprache.
Durch Stilmittel kann mit wenigen Worten viel ausgedrückt werden. Dadurch können oft Erklärungen vermieden werden.
Durch die Anapher („Und …Und …“ in „Die Küchenuhr“ von Wolfgang Borchert) wird z. B. deutlich, dass der Protagonist erzählt, ohne vorher nachzudenken. Deshalb ist ein Begleitsatz wie „erzählte er ohne Luftzuholen“ nicht nötig.
Eine Anapher kann z. B. auch zur Spannungssteigerung eingesetzt werden. Ihre Wirkung muss in jeder Kurzgeschichte individuell analysiert werden.
Wie auch die Figuren ist die Sprache in Kurzgeschichten oft alltäglich gehalten. Umgangssprachliche Formulierungen oder Dialekte kommen häufig vor, z. B. in der wörtlichen Rede.
Diese ist in Kurzgeschichten außerdem oft nicht durch Anführungszeichen gekennzeichnet.
Merkmal | Beispiel | Erklärung |
Umgangssprache | „Sie ist nur ein Teller, so mit weißem Lack.“ (Borchert, 1949) | Das Wort ‚so‘ ist hier eine umgangssprachliche Formulierung. |
Wörtliche Rede ohne Anführungszeichen | „Einen Atemzug lang war es ganz still auf der Bank. Dann sagte er leise: Und jetzt? Er sah die anderen an. Aber er fand sie nicht.“ (Borchert, 1949) | Die wörtliche Rede ist durch den Doppelpunkt, aber nicht durch Anführungszeichen gekennzeichnet. |
Du kannst zu Dialogen in einer Kurzgeschichte auch eine Kommunikationsanalyse durchführen. Dabei untersuchst du, wie die Sendenden und Empfangenden eine Sprachäußerung (wörtliche Rede in einer Kurzgeschichte) auffassen.
Das unterscheidet die Kurzgeschichte von anderen Textsorten
Die Kurzgeschichte lässt sich nicht immer eindeutig von anderen Textsorten abgrenzen. Sie kann z. B. leicht mit anderen kurzen epischen Texten wie einem Märchen oder einer Anekdote verwechselt werden.
Bestimmte Merkmale können jedoch bei einer ungefähren Einordnung helfen.
Vergleich: Häufige Merkmale von Kurzgeschichten, Märchen und Anekdoten
Kurzgeschichte | Märchen | Anekdote |
---|---|---|
Geschriebener Text | Geschriebener Text oder mündliche Erzählung | Mündliche Erzählung |
Unvermittelter Anfang | Anfangsformel wie
‚Es war einmal …‘ |
Einleitender Satz mit Namensnennung |
Alltägliche Situationen | Magische Situationen | Lustige Situationen |
Namenlose Figuren | Figuren wie ‚der Wolf‘ oder ‚die Hexe‘ | Geschichte über eine mit Namen erwähnte Person |
Offenes Ende und Pointe, die zum Nachdenken anregt | Geschlossenes Ende und Schlussformel wie ‚…und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.‘ | Lustige Pointe |
Auch mit etwas längeren Textsorten wie einer Novelle oder einer Erzählung ist die Kurzgeschichte leicht zu verwechseln. Denn einige Merkmale der Textsorten wie wenige handelnde Figuren und die Fokussierung auf das Wesentliche ähneln sich.
Doch auch die Kurzgeschichte, die Novelle und die Erzählung können anhand einiger charakteristischer Unterschiede auseinandergehalten werden.
Vergleich: Häufige Merkmale von Kurzgeschichten und Novellen
Kurzgeschichte | Novelle | Erzählung |
---|---|---|
Wenige Seiten lang | Kann 70, aber auch über 100 Seiten lang sein | Zwischen 2 und 150 Seiten lang |
Alltägliche Situationen | Besondere Situationen | Alltägliche oder besondere Situationen |
Keine Rahmenhandlung | Binnen- und Rahmenhandlung | Kann aus Rahmen- und Binnenhandlung bestehen |
Namenlose Figuren | Figuren mit Namen | Figuren mit Namen |
Offenes Ende | Geschlossenes Ende | Offenes oder geschlossenes Ende |
Analyse und Interpretation einer Kurzgeschichte
In der Schule musst du oft Kurzgeschichten analysieren und interpretieren.
- Die Analyse einer Kurzgeschichte ist die Beschäftigung mit ihren inhaltlichen, formalen und sprachlichen Merkmalen. Mithilfe der Ergebnisse einer Analyse kann eine Kurzgeschichte interpretiert werden.
- Die Interpretation einer Kurzgeschichte findet daher immer nach der Analyse statt. Die Ergebnisse der Analyse werden gedeutet und in einen Zusammenhang mit der Entstehungszeit des Textes und dem Leben der Verfassenden gesetzt.
Oft werden die Analyse und die Interpretation als ein Text geschrieben, häufig auch mit einer vorangestellten Inhaltsangabe. Manchmal ist die Inhaltsangabe in der Schule aber auch ein anderer Aufgabenteil oder eine eigene Aufgabenstellung.
Zu Beginn wird eine Deutungshypothese aufgestellt, auf die du zum Schluss wieder eingehst.
Die Analyse und die Interpretation einer Kurzgeschichte enthalten die Untersuchung und Deutung
- der Sinnabschnitte des Textes,
- der Form des Textes,
- der Figuren,
- der Orte,
- der zeitlichen Aspekte wie der Erzählzeit und der erzählten Zeit,
- der sprachlichen Besonderheiten wie Stilmitteln,
- der Merkmale der Literaturepoche und
- des historischen Kontexts.
Wichtig ist, dass du jedes Merkmal, das du analysierst, im Anschluss auch interpretierst. Eine häufige Fehlerquelle ist z. B. das bloße Aufzählen verschiedener Stilmittel, ohne auf ihre Wirkung einzugehen.
Wenn es in deiner zu analysierenden Kurzgeschichte ein Leitmotiv gibt, solltest du es unbedingt in der Analyse beachten.
Kurzgeschichten haben jedoch nicht immer ein Leitmotiv, anders als z. B. Novellen.
Inhaltsangabe einer Kurzgeschichte
Eine Inhaltsangabe einer Kurzgeschichte wird in der Schule oft im Zusammenhang mit der Analyse und Interpretation verlangt. Das Ziel einer Inhaltsangabe ist es, die wesentlichen Figuren und die Handlung kurz und sachlich darzustellen.
Eine Inhaltsangabe ist immer im Präsens geschrieben und deutlich kürzer als die Kurzgeschichte selbst. Wie lang die Inhaltsangabe genau sein soll, hängt von der Länge der Kurzgeschichte ab.
Hast du Schwierigkeiten, eine Inhaltsangabe zu schreiben, kann unser Tool zum Text umschreiben nützlich sein. Es formuliert Sätze und ganze Absätze um und hilft dir dabei, auf neue Ideen zu kommen.
Eine Inhaltsangabe besteht aus
- einem Einleitungssatz (Basissatz) bestehend aus: Titel, Verfassende, Textsorte, Erscheinungsjahr, Handlungszeit und -ort und dem zentralen Thema der Kurzgeschichte,
- einem Hauptteil, in dem die Handlung chronologisch wiedergegeben wird und
- einem Schluss, in dem z. B. wichtige sprachliche Merkmale genannt werden.
Entstehung der Kurzgeschichte
Die Kurzgeschichte verbreitete sich ab dem 19. Jahrhundert im englischen Sprachraum, vor allem in den Vereinigten Staaten von Amerika. Kurzgeschichten wurden in Zeitschriften veröffentlicht und waren einer breiten Masse an Lesenden zugänglich.
Zeitschriften waren günstiger als Romane und enthielten viele Texte. Eine Kurzgeschichte konnte deshalb auch von Lesenden entdeckt werden, die sich die Zeitschrift wegen eines anderen Textes gekauft hatten.
Für die Verfassenden war es deshalb teilweise leichter und lukrativer, Kurzgeschichten in Zeitschriften zu veröffentlichen. Denn auch schon damals war es schwierig, Veröffentlichungsmöglichkeiten für Romane zu finden.
Bekannte US-amerikanische Autorinnen und Autoren aus dieser Zeit waren unter anderem Washington Irving, Rebecca Harding Davis, Louisa May Alcott und Edgar Allen Poe.
Auch heute ist die Veröffentlichung von Kurzgeschichten z. B. in Literaturzeitschriften in den USA noch eine wichtige Möglichkeit, einen Einstieg in den Literaturbetrieb zu finden und auf eine Romanveröffentlichung hinzuarbeiten.
Die Kurzgeschichte in Deutschland
In Deutschland wurde die Kurzgeschichte nach 1945 als wichtige Gattung der Literaturepoche ‚Trümmerliteratur‘ bekannt. Wichtige Autorinnen und Autoren waren unter anderem Ilse Aichinger, Heinrich Böll, Wolfgang Borchert und Gabriele Wohmann.
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzten sich die Verfassenden kritisch mit der Nachkriegszeit auseinander. Mit dem einfachen, alltäglichen Stil der Kurzgeschichten wollten sie sich von den ideologischen und pathetischen Texten zur Zeit des Nationalsozialismuses abgrenzen.
Die moderne Kurzgeschichte
2013 wurde die kanadische Autorin Alice Munro für ihre Kurzgeschichten mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.
Ihre Texte gelten als revolutionär für die Struktur von Kurzgeschichten. Denn sie sind oft um die 30 Seiten lang und einige Kurzgeschichten umfassen einen Zeitraum von vielen Jahren. Teilweise bestehen ihre Kurzgeschichten auch aus Briefen oder sind im Stil eines Tagebuchs geschrieben.
Heute ist die Kurzgeschichte zudem als digitale Textsorte auf Internetportalen weit verbreitet. Die kurze Textform eignet sich für Blogeinträge, Foren oder Fanfiction-Seiten und kann auch auf dem Handy gut gelesen werden.
Die Regeln der Textsorte werden heute oft nicht mehr streng eingehalten. Kurzgeschichten enthalten häufig Elemente anderer Textsorten und Genre-Elemente, z. B. aus den Bereichen Fantasy oder Science Fiction.
Häufig gestellte Fragen zur Kurzgeschichte
- Was ist eine Kurzgeschichte?
-
Der Begriff ‚Kurzgeschichte‘ ist die Übersetzung der englischen Bezeichnung ‚short story‘ für eine Textsorte der Gattung ‚Epik‘.
Die charakteristische Kürze der Textsorte zeigt sich daran, dass sie meist aus nur einem Handlungsstrang besteht, sowie an den wenigen, minimal charakterisierten Figuren und der verdichteten Sprache.
- Was sind Merkmale einer Kurzgeschichte?
-
Wichtige Merkmale der Kurzgeschichte sind unter anderem
- die charakteristische Kürze,
- ein unmittelbarer Anfang,
- alltägliche Figuren, Situationen und Sprache sowie
- ein offenes Ende (oft mit einer Pointe).
- Was sind Beispiele für Kurzgeschichten?
-
Beispiele für Kurzgeschichten sind
- „Das Fenster-Theater“ von Ilse Aichinger,
- „Die Küchenuhr“ von Wolfgang Borchert,
- „Camera Obscura“ von Judith Hermann,
- „Das Märchen vom Glück“ von Erich Kästner,
- „Der Bär kletterte über den Berg“ von Alice Munro und
- „Visitor“ von Bryan Washington.
- Wie ist der Aufbau einer Kurzgeschichte gestaltet?
-
Eine Kurzgeschichte beginnt oft plötzlich (‚in medias res‘). Es gibt in der Regel nur einen Handlungsstrang und es geht um alltägliche Situationen. Das Ende einer Kurzgeschichte ist häufig offen und es gibt eine Pointe, die zum Nachdenken anregt.
- Wie sind typische Stilmittel in Kurzgeschichten?
-
Stilmittel, die häufig in Kurzgeschichten verwendet werden, sind unter anderem
- die Wiederholung,
- die Personifikation,
- die Metapher,
- die Anapher und
- das Oxymoron.
Oft findest du in Kurzgeschichten auch noch viele weitere Stilmittel, da die Sprache aufgrund der Kürze des Textes in der Regel sehr verdichtet ist.