Novelle | Definition, Merkmale & Beispiele
Die Novelle ist eine literarische Form mittlerer Länge. Sie wird der Epik zugerechnet, also der erzählenden Literatur.
Novellen sind länger als Kurzgeschichten, aber kürzer als Romane. Ihre Handlung dreht sich häufig um eine „unerhörte Begebenheit“ und läuft geradlinig auf einen Wendepunkt zu.
Bekannte Novellen der deutschen Literatur sind z. B. „Michael Kohlhaas“ (1810) von Heinrich von Kleist, „Novelle“ (1828) von Johann Wolfgang von Goethe oder „Der Schimmelreiter“ (1888) von Theodor Storm.
Was ist eine Novelle? Definition und Merkmale
Die Novelle ist eine literarische Form mittlerer Länge mit einer fiktionalen (= erfundenen) Handlung.
Eine genaue Abgrenzung der Novelle von der Erzählung oder dem Roman ist nicht immer möglich. Dennoch lassen sich einige typische Merkmale angeben.
Merkmal | Erklärung |
---|---|
Hauptfiguren |
|
Handlung und Aufbau |
|
Typische Erzähltechniken und Stilmittel |
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Der Ausdruck ‚Novelle‘ leitet sich von dem italienischen Wort ‚novella‘ ab, das so viel wie ‚kleine Neuigkeit‘ bedeutet.
Als Erfinder der Novelle gilt der italienische Renaissance-Dichter Giovanni Boccaccio mit seinem Buch „Decamerone“ (1353), das 100 kurze Novellen umfasst.
Novelle: Hauptfiguren
Aufgrund ihres begrenzten Umfangs gibt es in einer Novelle in der Regel nur eine oder zwei Hauptfiguren.
Meistens handelt es sich dabei um Personen, denen etwas Ungewöhnliches widerfährt oder die sich plötzlich in einer besonderen Situation zurechtfinden müssen.
Häufig zeichnen sich die Hauptfiguren auch durch eine besondere Eigenschaft aus, z. B. ein besonders stark ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl.
Die Hauptfiguren einer Novelle sind klar umrissen. Anders als in vielen Romanen wird meist nur ein Ausschnitt aus ihrem Leben erzählt.
Novelle: Handlung und Aufbau
Die Handlung der Novelle ist einsträngig. Das heißt, es wird nur eine Geschichte erzählt und nicht mehrere Geschichten parallel wie in vielen Romanen.
Im Zentrum der Handlung steht häufig eine „unerhörte Begebenheit“. Dieser Ausdruck stammt von Goethe und meint ein unwahrscheinliches, aber mögliches Ereignis.
Mit der unerhörten Begebenheit ist ein zentraler Konflikt verbunden, der in der Novelle verhandelt wird und den die Hauptfigur lösen muss.
Die Handlung in einer Novelle läuft geradlinig auf einen Wendepunkt zu. Damit ist der Moment in der Geschichte gemeint, an dem etwas Überraschendes passiert und die Handlung eine neue Richtung bekommt.
Manche Novellen enthalten nicht nur einen, sondern mehrere Wendepunkte.
Novellen haben in der Regel ein geschlossenes Ende. Alle Fragen, die die Handlung aufwirft, werden am Ende beantwortet.
Novelle: typische Erzähltechniken und Stilmittel
Es gibt bestimmte Erzähltechniken und Stilmittel, die typisch für Novellen sind. Dazu zählen vor allem
- die Rahmenhandlung,
- das Leitmotiv und
- das Dingsymbol.
Rahmenhandlung
Viele Novellen enthalten eine Rahmenhandlung. Dabei wird die Hauptgeschichte von einer anderen Geschichte umschlossen bzw. ‚eingerahmt‘.
Eine Rahmenhandlung kann die Neugier der Lesenden wecken, indem angedeutet wird, dass die Hauptgeschichte von etwas Außergewöhnlichem handelt.
Außerdem kann die Haupthandlung glaubwürdiger erscheinen, wenn sie von einer Figur aus der Rahmenhandlung erzählt wird, die den Lesenden z. B. als Augenzeuge vorgestellt wird.
Leitmotiv
Ein Leitmotiv ist ein wiederkehrendes Element, das thematisch, sprachlich oder symbolisch die Erzählung prägt.
Es kann ein Satz, ein Bild, ein Gegenstand oder eine Idee sein, die immer wieder auftaucht und die zentrale Aussage oder Stimmung der Novelle verstärkt.
Leitmotive dienen dazu, wichtige Aspekte der Handlung oder Figuren zu betonen. Sie helfen, die Thematik zu verdichten und verleihen der Novelle Einheit und Struktur.
Dingsymbol
Ein Dingsymbol ist ein konkreter Gegenstand, ein Bauwerk oder ein Tier, der/das eine tiefere sinnbildliche Bedeutung hat.
Es verweist auf zentrale Themen oder Konflikte der Geschichte und taucht in der Handlung wiederholt an wichtigen Stellen auf.
Novelle: Beispiele
Die folgende Tabelle enthält einige wichtige Beispiele für deutschsprachige Novellen in chronologischer Reihenfolge.
Titel | Autor | Jahr |
---|---|---|
Das Erdbeben in Chili | Heinrich von Kleist | 1807 |
Die Marquise von O…. | Heinrich von Kleist | 1808 |
Michael Kohlhaas | Heinrich von Kleist | 1810 |
Das Marmorbild | Joseph von Eichendorff | 1818 |
Novelle | Johann Wolfgang von Goethe | 1828 |
Die Judenbuche | Annette von Droste-Hülshoff | 1842 |
Mozart auf der Reise nach Präg | Eduard Mörike | 1856 |
Rome und Julia auf dem Dorfe | Gottfried Keller | 1856 |
Kleider machen Leute | Gottfried Keller | 1874 |
Der Schuss von der Kanzel | Conrad Ferdinand Meyer | 1878 |
Bahnwärter Thiel | Gerhart Hauptmann | 1888 |
Der Schimmelreiter | Theodor Storm | 1888 |
Lieutenant Gustl | Arthur Schnitzler | 1900 |
Tristan | Thomas Mann | 1901 |
Tonio Kröger | Thomas Mann | 1903 |
Der Tod in Venedig | Thomas Mann | 1911 |
Die Verwandlung | Franz Kafka | 1915 |
Das Gold von Caxamalta | Jakob Wassermann | 1923 |
Traumnovelle | Arthur Schnitzler | 1925 |
Mario und der Zauberer | Thomas Mann | 1929 |
Schachnovelle | Stefan Zweig | 1942 |
Das Honditschkreutz | Ingeborg Bachmann | 1944 |
Katz und Maus | Günter Grass | 1961 |
Die Taube | Patrick Süßkind | 1987 |
Im Krebsgang | Günter Grass | 2002 |
Bei den aufgeführten Beispielen handelt es sich um erzählerische Werke, die viele oder alle typischen Merkmale einer Novelle aufweisen.
Manche der Autoren bevorzugten selbst jedoch andere Bezeichnungen für ihre Werke. So nannte z. B. Kleist seine „Marquise von O….“ eine Erzählung.
Novelle oder Roman: Unterschied
Novelle und Roman werden der Epik zugerechnet, also der erzählenden Literatur.
Eine klare Abgrenzung zwischen den beiden Formen ist nicht immer möglich. Dennoch lassen sich einige charakteristische Unterschiede angeben.
Merkmal | Novelle | Roman |
---|---|---|
Umfang | Kürzer, in einem Zug lesbar | Länger, meistens nicht in einem Zug lesbar |
Hauptfiguren | Meistens nur eine oder zwei Hauptfiguren. Es wird nur ein Ausschnitt aus deren Leben erzählt. | Keine Beschränkung. Häufig werden ganze Leben oder sogar ganze Familiengeschichten erzählt. |
Handlung | Einsträngig, es wird nur eine Geschichte erzählt. | Keine Beschränkung. Häufig werden zwei oder mehr Geschichten parallel erzählt. |
Rahmenhandlung | Typisch | Möglich, aber nicht typisch |
Leitmotiv | Typisch | Möglich, aber nicht typisch |
Dingsymbol | Typisch | Möglich, aber nicht typisch |
Novelle: Analyse
Wenn du in der Schule eine Novelle analysieren sollst, kommt es dabei auf die genaue Aufgabenstellung an.
Häufig wird z. B. verlangt, eine Figurenanalyse zu erstellen oder typische Merkmale einer Novelle herauszuarbeiten.
Wird eine umfassende Analyse ohne konkrete Fragestellung verlangt, kannst du dich an dem folgenden Muster orientieren.
Abschnitt | Inhalt | Erklärung |
---|---|---|
Einleitung | Titel, Autor, Erscheinungsjahr | Nenne den Titel der Novelle, den Autor und das Erscheinungsjahr. |
Thema der Novelle | Was ist das zentrale Thema der Novelle? Dies kann z. B. ein gesellschaftliches, moralisches oder psychologisches Problem sein. | |
Hauptteil | Inhaltsangabe | Fasse die Handlung der Novelle in wenigen Sätzen zusammen. Es sollte dabei um die zentralen Ereignisse gehen, ohne dass zu viele Details erwähnt werden. |
Erzählweise | Arbeite die Erzählperspektive der Novelle heraus. Gibt es z. B. einen Ich-Erzähler oder einen personalen/allwissenden Erzähler? | |
Aufbau und Struktur | Beschreibe, wie die Novelle aufgebaut ist: Gibt es eine „unerhörte Begebenheit“, um die sich alles dreht? Was ist der zentrale Konflikt und was ist der Wendepunkt? | |
Figurenanalyse | Beschreibe die Hauptfiguren der Novelle. Analysiere ihre Charaktereigenschaften sowie ihre Beziehungen zueinander. | |
Sprache und Stilmittel | Wie ist die Novelle auf der sprachlichen Ebene gestaltet? Welche Stilmittel werden eingesetzt und welche Funktion erfüllen sie? | |
Genre-Merkmale | Welche typischen Merkmale einer Novelle weist der Text auf? Gibt es z. B. eine Rahmenhandlung oder ein Dingsymbol? | |
Schluss | Zusammenfassung der Ergebnisse | Fasse die wichtigsten Ergebnisse deiner Analyse noch einmal in knapper Form zusammen. |
Fazit & Wertung | Formuliere ein Fazit sowie ggf. eine persönliche Bewertung. |
Im Hauptteil deiner Analyse solltest du darauf achten, dass du deine Erkenntnisse mit Zitaten aus dem Text belegst.
Wird zusätzlich zu der Analyse auch eine Interpretation gefordert sein, sollte diese in der Regel nach der Analyse erfolgen.
Der Unterschied zwischen einer Analyse und Interpretation besteht darin, dass bei der Analyse die Beschreibung der Merkmale eines Textes im Vordergrund steht.
Bei einer Interpretation geht es dagegen um die Deutung dieser Merkmale im Hinblick auf eine bestimmte Fragestellung oder Deutungshypothese.
Häufig gestellte Fragen zur Novelle
- Was sind Beispiele für eine Novelle?
-
Beispiele für eine Novelle sind:
- „Das Erdbeben in Chili“ (1807) von Heinrich von Kleist
- „Novelle“ (1828) von Johann Wolfgang von Goethe
- „Die Judenbuche“ (1842) von Annette von Droste-Hülshoff
- „Romeo und Julia auf dem Dorfe“ (1856) von Gottfried Keller
- „Der Tod in Venedig“ (1911) von Thomas Mann
- „Traumnovelle” (1925) von Arthur Schnitzler
- „Schachnovelle“ (1942) von Stefan Zweig
- „Das Honditschkreuz“ (1944) von Ingeborg Bachmann
- „Die Taube“ (1987) von Patrick Süßkind
- „Im Krebsgang“ (2002) von Günter Grass
Tipp
Wenn du selbst eine Novelle schreibst oder bei einer Novellen-Analyse nach einer guten Formulierung suchst, kann dir das kostenlose Tool von QuillBot zum Textumschreiben helfen.
- Was ist der Unterschied zwischen Novelle und Roman?
-
Sowohl die Novelle als auch der Roman werden der Epik zugerechnet, also der erzählenden Literatur. Dennoch gibt es Unterschiede. Die wichtigsten sind:
- Umfang: Eine Novelle ist typischerweise kürzer als ein Roman. Man kann sie oft in einem Zug lesen. Bei Romanen ist das nur selten möglich.
- Hauptfiguren: In einer Novelle gibt es in der Regel nur ein oder zwei Hauptfiguren. Meistens wird nur ein Ausschnitt aus deren Leben erzählt. Für Romane gilt diese Einschränkung nicht.
- Einsträngige Handlung: In Novellen wird nur eine Geschichte, nicht mehrere Geschichten parallel wie häufig in Romanen.
- Rahmenhandlung: Novellen enthalten häufig eine Rahmenhandlung. Bei Romanen ist dies eher die Ausnahme.
- Leitmotiv/Dingsymbol: Novellen enthalten häufig ein Leitmotiv und/oder Dingsymbol. Dies kann auf Romane ebenfalls zutreffen, ist jedoch nicht typisch.
Neben der Novelle und dem Roman gibt es noch viele weitere epische Formen in der Literatur, z. B.:
Tipp
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- Was ist der Unterschied zwischen Novelle und Kurzgeschichte?
-
Sowohl die Novelle als auch die Kurzgeschichte werden der Epik zugerechnet, also der erzählenden Literatur.
Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal besteht darin, dass Novellen länger sind als Kurzgeschichten.
Während eine typische Kurzgeschichte 10 bis 30 Seiten lang ist, kann eine Novelle durchaus 100 bis 150 Seiten lang sein.
Ein weiterer charakteristischer Unterschied ist, dass Novellen eine in sich geschlossene Handlung aufweisen.
Es gibt bei Novellen also in der Regel kein offenes Ende, wie man es bei Kurzgeschichten häufig findet.
Neben der Novelle und der Kurzgeschichte gibt es noch zahlreiche weitere epische Formen in der Literatur, z. B.:
Tipp
Wenn du selbst eine Novelle oder ein Kurzgeschichte schreibst und nach einer guten Formulierung suchst, kann dir das kostenlose Tool von QuillBot zum Textumschreiben helfen.
- Was ist ein Leitmotiv in einer Novelle?
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Ein Leitmotiv in einer Novelle ist ein wiederkehrendes, bedeutungsvolles Element, das wiederholt auftaucht.
Es kann ein bestimmtes Wort, ein Ding oder ein Gedanke sein, der immer wieder auftaucht und eine tiefere symbolische Bedeutung trägt.
Leitmotive tragen dazu bei, zentrale Themen der Erzählung zu unterstreichen und eine Verbindung zwischen den verschiedenen Kapiteln herzustellen.
Außerdem können Leitmotive die Gefühle und Gedanken der Figuren widerspiegeln oder eine bestimmte Atmosphäre verstärken.
Ein Beispiel für ein Leitmotiv findet sich in Thomas Manns Novelle „Der Tod in Venedig“, wo das Motiv von Tod und Verfall immer wieder auftaucht.
Tipp
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- Was ist ein Dingsymbol in einer Novelle?
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Ein Dingsymbol in einer Novelle ist häufig ein Gegenstand oder Tier, das eine tiefere, symbolische Bedeutung trägt und oft zentral für die Handlung ist.
Dingsymbole werden verwendet, um Themen, Ideen oder emotionale Zustände zu unterstreichen, ohne diese direkt anzusprechen.
Ein Beispiel für ein Dingsymbol ist der Deich in Theodor Storms Novelle „Der Schimmelreiter“.
Er steht symbolisch für den Fortschritt und das Streben des Menschen, die Natur zu beherrschen, aber auch für die Selbstüberschätzung der Hauptfigur Hauke Haien.
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