Erzählung – Definition, Merkmale und Schreibtipps
Der Begriff ‚Erzählung‘ hat vier Bedeutungen:
Als literarische Textsorte gehört die Erzählung zur Gattung Epik, den erzählenden Texten. Sie ist in der Regel fiktional und länger als eine Kurzgeschichte, aber kürzer als ein Roman.
Als Textsorte in der Schule ist mit ‚Erzählung‘ oft eine Geschichte gemeint, die bestimmte Merkmale wie Einleitung, Hauptteil und Schluss sowie einen Spannungsbogen hat.
Als Oberbegriff für epische Texte sind mit ‚Erzählung‘ alle epischen Texte gemeint, z. B. der Roman, die Novelle, das Märchen, die Sage und die Erzählung als eigene Textsorte.
Als Begriff für den Inhalt und Vorgang des Erzählens bedeutet ‚Erzählung‘, dass eine Person einer anderen etwas erzählt. Die Erzählung ist das Erzählte und die Art, wie erzählt wird.
Bedeutung | Beispiel |
---|---|
literarische Textsorte | „Das Brot der frühen Jahre“ von Heinrich Böll. |
Textsorte in der Schule | Eine Geschichte über einen Hund, der adoptiert wird. |
Oberbegriff für epische Texte | Der Roman „Lärm und Wälder“ von Juan S. Guse. |
Begriff für den Inhalt und Vorgang des Erzählens | Ein Kind erzählt von einem Ausflug ins Schwimmbad. |
Die Merkmale einer Erzählung als literarische Textsorte
Die Merkmale einer Erzählung als literarische Textsorte sind nicht sehr klar definiert. Die Grenzen zur Kurzgeschichte und anderen kurzen epischen Texten sind fließend. Deshalb kann nicht immer eindeutig festgestellt werden, welcher Textsorte ein Text zuzuordnen ist.
Häufig sind literarische Erzählungen jedoch
- 2–150 Seiten lang,
- ein geschriebener Text,
- aus einer Erzählperspektive erzählt,
- fiktional (ganz oder teilweise erfunden),
- ganz oder teilweise chronologisch erzählt,
- weniger klar strukturiert als eine Novelle und
- in ihrer Handlung weniger komplex als ein Roman.
Der Aufbau einer Erzählung
Die Erzählung als literarische Textsorte hat auch keinen klar definierten Aufbau.
Es gibt zwar immer einen Anfang, einen Mittelteil und einen Schluss, allerdings können die unterschiedlich aussehen.
Eine Erzählung kann z. B. mit einem Dialog beginnen, mit einer Landschaftsbeschreibung oder mit einer Handlung. Sie kann einem klaren Spannungsbogen folgen oder experimenteller aufgebaut sein und das Ende kann z. B. offen oder geschlossen sein.
Ein offenes Ende lässt sich auf verschiedene Arten interpretieren. Die Handlung wird nicht klar abgeschlossen. Es bleibt unter Umständen offen, was mit der Hauptfigur passiert.
Ein geschlossenes Ende lässt sich meist klarer interpretieren. Die Handlung wird zu einem Abschluss gebracht und in der Regel wissen die Lesenden, was mit der Hauptfigur passiert.
offenes Ende | Das Ende der Erzählung „Eines Nachmittags als Adam …“ von Italo Calvino ist offen. Die Protagonistin entdeckt eine Kröte und einige andere Tiere in der Küche.
Sie weiß, dass die Tiere ein Geschenk sein sollen, kennt jedoch den Grund nicht. Die Lesenden erfahren nicht, was mit den Tieren passiert oder was die Protagonistin von dem Geschenk hält. |
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geschlossenes Ende | Das Ende der Erzählung „Das Urteil“ von Franz Kafka ist geschlossen. Der Protagonist begeht Selbstmord, indem er von einer Brücke springt. |
Das unterscheidet die Erzählung von anderen Textsorten
Die Erzählung kann nicht immer klar von anderen Textsorten abgegrenzt werden. Die Übergänge sind fließend. Es gibt jedoch Tendenzen, die die Einordnung erleichtern können.
Kurzgeschichte | Erzählung | Roman |
oft nur 1–2 Seiten lang | oft zwischen 2 und 150 Seiten lang | oft länger als 180 Seiten |
erzählte Zeit oft nur einige Minuten | erzählte Zeit kann variieren | erzählte Zeit teilweise Jahre oder Jahrzehnte |
oft wenige Figuren | oft wenige Figuren | oft viele Figuren |
oft nur ein Ereignis | teilweise nur ein Handlungsstrang | oft komplexe Handlung und mehrere Handlungsstränge |
oft eine Erzählperspektive | oft eine Erzählperspektive | eine oder mehrere Erzählperspektiven |
In einer Liebesgeschichte beispielsweise, in der eine Figur ihre Arbeitsstelle wechselt, weil sie dort unzufrieden ist, können die Probleme am Arbeitsplatz ein eigener Handlungsstrang sein.
So schreibst du eine Erzählung in der Schule
Bei Erzählungen in der Schule solltest du meist die folgenden Punkte berücksichtigen:
- Titel,
- Einleitung,
- Hauptteil,
- Schluss,
- die Zeitform Präteritum (Vergangenheitsform) und
- die Erzählperspektive (z. B. Ich-Erzählung).
In der Literatur sind die Vorgaben für Erzählungen nicht so strikt. Aus diesem Grund solltest du literarische Veröffentlichungen, die als ‚Erzählung‘ bezeichnet werden, nicht als Vorlage für deine Erzählung in der Schule verwenden.
Titel für die Erzählung finden
Über der Einleitung einer Erzählung steht der Titel (die Überschrift).
Der Titel soll meistens das Interesse der Lesenden wecken und ihnen eine Idee davon geben, um was für eine Art Erzählung es sich handelt.
Dabei darf der Titel allerdings noch nicht zu viel über die Erzählung verraten. Das Ende der Erzählung sollte zum Beispiel noch eine Überraschung bleiben.
Es war ein ungewöhnlich warmer Abend …
Einleitung der Erzählung schreiben
In der Einleitung einer Erzählung lernen die Lesenden in der Regel
- eine Hauptfigur,
- den Ort des Geschehens,
- die Zeit des Geschehens und
- den Beginn der Handlung kennen.
Eine Einleitung soll neugierig machen und dazu motivieren, die ganze Erzählung zu lesen. Unser Tool zum Text umschreiben kann dir beim Verfassen einer gelungenen Einleitung helfen.
Hauptteil der Erzählung schreiben
Der Hauptteil ist der längste Teil einer Erzählung.
Im Hauptteil entwickelt sich die Handlung. Die Spannung wird oft langsam bis zu einem Höhepunkt gesteigert.
Häufig werden im Hauptteil weitere Personen eingeführt und die Handlung spielt an verschiedenen Orten.
Schluss der Erzählung schreiben
Im Schlussteil der Erzählung wird die Handlung zu einem Abschluss gebracht, das kann zum Beispiel ein glückliches Ende (Happy End) sein.
Richtige Zeitform für die Erzählung verwenden
In der Schule werden Erzählungen in der Regel im Präteritum, also in der Vergangenheit, geschrieben.
Wenn innerhalb der Erzählung von einem vergangenen Ereignis erzählt wird, benutzt du für die Beschreibung des Vergangenen das Plusquamperfekt (die Vorvergangenheit).
In wörtlicher Rede wird oft das Präsens (die Gegenwart) verwendet.
Plusquamperfekt: In ihrem Praktikum hatte sie viel über verängstigte Hunde gelernt.
Präsens: „Wir brauchen Hilfe! Unser Hund ist verletzt!“
Ich-Erzählung schreiben
Eine Erzählung in der Schule wird meistens entweder
- in der Ich-Perspektive oder
- in der personalen Perspektive geschrieben.
Valeria streichelte ihn vorsichtig. Wuschel legte seinen Kopf auf Valerias Arm und schloss die Augen.
Eine Ich-Erzählung ist immer in der Ich-Perspektive geschrieben. Das bedeutet, dass nur das beschrieben werden kann, was die Ich-Person sieht, hört und fühlt.
Meistens ist die Erzählstimme die Hauptfigur in der Geschichte.
In der Ich-Perspektive sind die Lesenden oft nah an der Erzählstimme. Häufig können sie sich deshalb gut mit ihr identifizieren.
Bei einer Erzählung in der personalen Perspektive werden ebenfalls die Gedanken und Gefühle einer Person dargestellt. Anders als bei der Ich-Perspektive wird aber der Name der Person und ihr Pronomen (z. B. ‚Valeria‘ und ‚sie‘) statt ‚ich‘ genutzt.
Die Erzählung ist ein Oberbegriff für epische Texte
Der Begriff ‚Erzählung‘ als Oberbegriff für epische Texte umfasst z. B.
- Epen,
- Romane,
- Kurzgeschichten,
- Novellen,
- Märchen,
- Fabeln,
- Parabeln,
- Sagen,
- Legenden,
- Gleichnisse,
- Glossen und
- Anekdoten.
Du kannst am Kontext nicht immer erkennen, ob ‚Erzählung‘ als Oberbegriff oder als Begriff für die Textsorte ‚Erzählung‘ verwendet wird.
Wenn du in der Schule eine Erzählung schreiben sollst, ist meistens eine Geschichte gemeint. In der Grundschule ist das oft ein Text von weniger als einer Seite. In höheren Klassenstufen sind Erzählungen häufig länger.
Wenn du z. B. für einen Literaturwettbewerb eine Erzählung schreiben willst, ist oft die Textsorte gemeint. Frage im Zweifelsfall aber immer nach und schau dir die Ausschreibung und die Anforderungen an den Text genau an.
Beispiele für Erzählungen
Erzählungen werden je nach Länge oft gesammelt oder einzeln als Buch oder in Literaturzeitschriften veröffentlicht.
- „Das Brot der frühen Jahre“ von Heinrich Böll,
- „Eines Nachmittags als Adam …“ von Italo Calvino,
- „Der Sandmann“ von E. T .A. Hoffmann und
- „Das Urteil“ von Franz Kafka.
Beispiele für Erzählbände mit mehreren Erzählungen sind
- „Richtig liegen. Geschichten in Paaren“ von Ulrike Draesner,
- „Romane und Erzählungen“ von Virginia Woolf und
- „Die stillen Trabanten“ von Clemens Meyer.
Häufig gestellte Fragen zur Erzählung
- Was ist eine Erzählung?
-
Der Begriff ‚Erzählung‘ hat vier Bedeutungen:
- literarische Textsorte,
- Textsorte in der Schule,
- Oberbegriff für epische Texte und
- Begriff für den Inhalt und Vorgang des Erzählens.
- Wie schreibt man eine Erzählung?
-
Wenn du eine Erzählung für die Schule schreiben sollst, ist damit oft eine Geschichte mit folgenden Merkmalen gemeint:
- im Präteritum geschrieben,
- aus einer Perspektive erzählt,
- mit einem spannenden Titel überschrieben und
- inhaltlich in Einleitung, Hauptteil und Schluss gegliedert.
- Was sind die Merkmale einer Erzählung?
-
Die Merkmale einer Erzählung sind nicht klar definiert und die Textsorte lässt sich nicht immer eindeutig von anderen abgrenzen.
Häufig ist eine Erzählungen jedoch
- fiktional,
- 2–150 Seiten lang,
- ein geschriebener Text,
- aus einer Erzählperspektive und
- überwiegend chronologisch erzählt.
- Was sind Beispiele für eine Erzählung?
-
Beispiele für Erzählungen sind
- „Das Brot der frühen Jahre“ von Heinrich Böll,
- „Eines Nachmittags als Adam …“ von Italo Calvino,
- „Der Sandmann“ von E. T .A. Hoffmann und
- „Das Urteil“ von Franz Kafka.