Anapher | Beispiele, Wirkung und Bedeutung
Eine Anapher ist ein Stilmittel, bei dem dasselbe Wort am Anfang mehrerer Sätze oder Satzteile steht.
Durch die Anapher werden die wiederholten Wörter betont und der Text erhält Rhythmus und Struktur.
Deshalb werden Anaphern besonders häufig in literarischen Texten, in Werbetexten und in Reden eingesetzt.
Was ist eine Anapher?
Der Begriff ‚Anapher‘ stammt vom griechischen Wort ‚anaphorá‘ ab und bedeutet so viel wie ‚Rückbeziehung‘.
Das Stilmittel ist dadurch gekennzeichnet, dass mehrere aufeinanderfolgende Sätze (oder auch Satzteile, Verse oder Strophen) denselben Anfang aufweisen.
Bei der Anapher können nicht nur einzelne Wörter, sondern auch Wortgruppen oder ganze Teilsätze wiederholt werden.
Wer soll nun für Lämpel leiten seines Amtes Tätigkeiten?“ (Wilhelm Busch)
Um als Anapher zu gelten, muss es mindestens eine Wiederholung des Satzanfangs geben. Die Wiederholung kann aber auch öfter erfolgen.
Zudem können auch mehrere Anaphern ineinander verschränkt werden, wie das obige Beispiel zeigt.
Anapher: Beispiele und Anwendungsbereiche
Anaphern findest du in vielen verschiedenen Texten. Aufgrund ihrer Wirkung werden sie vor allem in den folgenden Bereichen gerne verwendet:
1. Anapher in der Werbung
Rhetorische Stilmittel wie die Anapher sind in der Werbung sehr beliebt. Insbesondere in Slogans und Werbesprüchen findest du sie häufig.
Das liegt daran, dass sie die Aufmerksamkeit und Einprägsamkeit steigern können. So bleibt ein Unternehmen oder ein Produkt eher in Erinnerung.
- „Hier bin ich Mensch, hier kauf’ ich ein.“ (dm)
- „So klein. So fein. So Giotto.“ (Giotto)
- „Für Ihre Sicherheit. Für Ihr Vermögen.“ (AXA)
Weitere sprachliche Mittel, die in der Werbung verwendet werden, sind:
2. Anapher in Reden
Anaphern sind ein beliebtes Stilmittel in Reden und Ansprachen. Denn sie können dabei helfen, den Text zu strukturieren und wichtige Punkte der Rede besonders hervorzuheben.
Das kann insbesondere bei längeren Texten mit komplexem Inhalt hilfreich sein.
Sollen in einer Rede beispielsweise mehrere wichtige Themen angesprochen werden, kann eine Anapher dabei helfen, dem Publikum zu signalisieren, wann ein Themenwechsel erfolgt.
(Frank-Walter Steinmeier)
Im obigen Beispiel dient die Anapher vor allem dazu, die einzelnen Aussagen klar zu strukturieren.
Zudem kann eine Anapher dazu beitragen, die Aufmerksamkeit des Publikums aufrechtzuerhalten. Oft wird sie zum Beispiel am Ende einer Rede eingesetzt, um einen einprägsamen Abschluss zu schaffen und die wichtigsten Punkte noch einmal zusammenzufassen und zu betonen.
(Frank-Walter Steinmeier)
3. Anapher in der Literatur
In der Literatur stößt du besonders häufig auf rhetorische Stilmittel wie die Anapher.
Vor allem in der Lyrik, also in Gedichten, Liedern oder Hymnen, spielt der Rhythmus von Texten eine große Rolle.
Denn ein typisches Merkmal lyrischer Texte ist, dass sie einem Versmaß bzw. einem Metrum folgen. Das bedeutet, dass die Abfolge von betonten und unbetonten Silben festgelegt ist.
Im Walde her und hin,
Im Walde in dem Rauschen,
Ich weiß nicht, wo ich bin.“ (Joseph von Eichendorff)
Wie das obige Beispiel zeigt, kann die Anapher den Rhythmus lyrischer Texte unterstützen bzw. verstärken.
In Fachtexten oder wissenschaftlichen Arbeiten solltest du beispielsweise möglichst sachlich und präzise formulieren. Auch Wortwiederholungen solltest du in diesen Texten vermeiden. Sie eignen sich deshalb nicht für die Anwendung einer Anapher.
Weitere Stilmittel, die in der Literatur verwendet werden, sind:
Anapher: Wirkung und Funktion mit Beispielen
Eine Anapher kann verschiedene Funktionen erfüllen und eine unterschiedliche Wirkung auf die Lesenden haben, je nachdem wie und wo sie eingesetzt wird.
Die wichtigsten Funktionen der Anapher sind:
Es ist wichtig, die einzelnen Funktionen der Anapher zu kennen, um sie bewusst interpretieren oder einsetzen zu können.
In der Praxis werden jedoch meistens mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllt. Sie können nicht immer klar voneinander abgegrenzt werden.
1. Wörter oder Wortgruppen betonen
Durch die Wiederholung bestimmter Elemente werden diese bei der Anapher automatisch betont.
Das Stilmittel kann also dazu genutzt werden, Wörter oder Wortgruppen in den Fokus zu rücken oder sie zu verstärken.
Das kann zum Beispiel in der Werbung eingesetzt werden, um den Namen des Unternehmens oder eine Eigenschaft des Produkts zu betonen.
Auch in politischen Reden wird diese Wirkung häufig genutzt, um die Eindringlichkeit von Aussagen zu erhöhen.
2. Einprägsamkeit erhöhen
Rhetorische Mittel wie die Anapher erhöhen generell die Einprägsamkeit von Aussagen. Denn Stilmittel verleihen einem Text etwas Besonderes und bleiben damit eher im Gedächtnis.
Bei der Anapher verstärkt die Wiederholung bestimmter Wörter diesen Effekt zusätzlich. Denn je öfter man etwas hört, desto eher bleibt es in Erinnerung.
Diese Wirkung wird insbesondere in der Werbung genutzt. Denn die Anapher kann dazu beitragen, die Aufmerksamkeit zu erhöhen und den Wiedererkennungswert zu steigern.
Auch in Sprichwörtern wird die Einprägsamkeit der Anapher häufig genutzt.
- Aus den Augen, aus dem Sinn.
- Andere Länder, andere Sitten.
3. Aussagen strukturieren
Die Anapher kann dazu beitragen, den Inhalt eines Textes klar zu strukturieren.
Sie bietet Orientierung innerhalb des Textes und macht den roten Faden deutlich. Durch die Wiederholung bestimmter Elemente wird der Text in Abschnitte eingeteilt.
Als sie die Gewerkschaftler holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschaftler.
Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“
(Martin Niemöller)
Dies wird insbesondere in Reden und längeren Texten genutzt, denn das Publikum kann dem Gesagten besser folgen, wenn der Text eine klare Struktur aufweist.
4. Text rhythmisieren
Durch die Wortwiederholung verleiht die Anapher Texten einen Rhythmus.
Diese rhythmisierende Wirkung wird beispielsweise oft in Liedern genutzt, die auch ohne rhetorisches Stilmittel bereits einem bestimmten Takt folgen. Die Anapher kann diesen Rhythmus unterstützen.
morgen werden wir uns freu’n!
Welch ein Jubel, welch ein Leben
wird in unserm Hause sein!“
Ähnliche Stilmittel
Es gibt einige rhetorische Stilmittel, die Ähnlichkeiten zur Anapher aufweisen. Wenn du eine Anapher eindeutig bestimmen willst, ist es wichtig, die Unterschiede zu kennen.
Der Anapher ähnlich sind:
Da diese Stilmittel eine ähnliche Wirkung wie die Anapher haben, findest du sie – wie die Anapher – häufig in der Literatur, der Werbung und der Rhetorik.
1. Epipher
Bei der Epipher wird ein Wort oder eine Wortgruppe am Ende mehrerer Sätze oder Verse wiederholt.
Sie bildet also das Gegenstück zur Anapher, denn der einzige Unterschied ist die Position des wiederholten Elements.
- Ende gut, alles gut. (Sprichwort)
- „Wer weint hier, hat geweint? / Hier wird nicht mehr geweint.“ (Grass)
Sie hat eine ähnliche Wirkung wie die Anapher.
Unterschied zur Anapher: Bei der Epipher steht das wiederholte Element am Ende, während es bei der Anapher am Anfang steht.
2. Symploke
Bei der Symploke (auch ‚Complexio‘) werden eine Anapher und eine Epipher miteinander verbunden. Es wird sowohl ein Wort am Anfang als auch ein Wort am Ende des Satzes oder Verses wiederholt.
Was verlockt selbst die Weisen? Geld!“ (Goethe)
„Heißest du Kunz?“ „Nein.“
„Heißest du Heinz?“ „Nein.“
„Heißt du etwa Rumpelstilzchen?“ (Gebrüder Grimm)
In den obigen Beispielen bildet die Wiederholung des Frageworts am Anfang eine Anapher und die Wiederholung der Antwort am Ende eine Epipher. Zusammen bilden sie eine Symploke.
Während die Anapher und die Epipher sehr häufig eingesetzt werden, ist die Symploke eher selten.
Unterschied zur Anapher: Bei der Symploke wird nicht nur das Element am Satzanfang wiederholt, sondern auch das Element am Satzende.
3. Kyklos
Bei einem Kyklos steht ein Wort oder eine Wortgruppe am Anfang und am Ende eines Satzes oder Verses. Der Kyklos umschließt also die Aussage.
- „Ein Pferd, mein Königreich für ein Pferd.“ (Shakespeare)
- „Herein, ganz leise, nur herein!“ (Goethe)
Unterschied zur Anapher: Beim Kyklos steht ein Wort oder eine Wortgruppe am Anfang und am Ende eines Satzes, während es oder sie bei der Anapher am Anfang mehrerer Sätze wiederholt wird.
4. Anadiplose
Bei der Anadiplose wird das Wort oder die Wortgruppe am Ende eines Satzes bzw. Verses am Anfang des nächsten Satzes bzw. Verses wieder aufgegriffen.
Das wiederholte Element steht also zweimal direkt hintereinander.
- „Spielen Sie sich nicht mit mir. Mit mir ist nicht gut Kirschen essen!“ (Torberg)
- „Ha! wie will ich dann dich höhnen! / Höhnen? Gott bewahre mich!“ (Schiller)
Unterschied zur Anapher: Bei der Anadiplose steht das wiederholte Element einmal am Satzende und einmal am Satzanfang, während es bei der Anapher immer am Satzanfang steht.
5. Alliteration
Bei der Alliteration haben mehrere benachbarte Wörter den gleichen Anfangsbuchstaben bzw. den gleichen Anfangslaut.
- Blaukraut bleibt Blaukraut und Brautkleid bleibt Brautkleid. (Zungenbrecher)
- „Er will es dann nicht fahren lassen / Und wirket weiter, weil er muss.“ (Goethe)
Eine der bekanntesten Anwendungsformen der Alliteration sind Zungenbrecher.
Unterschied zur Anapher: Bei der Alliteration beginnen mehrere Wörter mit demselben Buchstaben, während bei der Anapher mehrere Sätze mit demselben Wort (oder denselben Wörtern) beginnen.
Häufig gestellte Fragen zur Anapher
- In welchen Texten findet man Anaphern?
-
Rhetorische Mittel wie die Anapher werden besonders häufig in der Literatur (vor allem in Gedichten), der Werbung und in Reden eingesetzt.
- Was ist der Unterschied zwischen einer Anapher und einer Alliteration?
-
Beim Stilmittel der Anapher beginnen mehrere Sätze mit dem gleichen Wort (oder der gleichen Wortgruppe).
Bei der Alliteration beginnen hingegen mehrere Wörter mit dem gleichen Buchstaben (oder Anlaut).
- Wozu wird eine Anapher eingesetzt?
-
Das Stilmittel der Anapher kann dazu eingesetzt werden, einen Text zu strukturieren und ihm einen bestimmten Rhythmus zu verleihen. Deshalb findest du sie häufig in Gedichten oder Reden.
Zudem können Anaphern die Eindringlichkeit und Einprägsamkeit erhöhen, weshalb sie auch ein beliebtes Stilmittel in Werbetexten sind.