Was ist Litotes? | Definition & Beispiele
Eine Litotes ist eine Phrase, die eine Idee durch Verneinung ihres Gegenteils ausdrückt. Beispiele sind die gebräuchlichen Ausdrücke ‚halb so schlimm‘ für ‚gut‘ und ‚nicht schwer‘ für ‚leicht‘.
Ich bin nicht abgeneigt.
Er ist nicht die hellste Kerze auf der Torte.
Es ist kein Matisse.
Litotes werden häufig in Alltagsgesprächen und in der Literatur verwendet. Sie dienen verschiedenen Zwecken, z. B. um Bescheidenheit zu vermitteln, Kritik abzumildern, Ironie auszudrücken oder einen Punkt subtil zu betonen.
Litotes Definition
Litotes ist eine Form der Untertreibung, bei der negative Formulierungen oder Begriffe verwendet werden, um eine positive Behauptung auszudrücken. Bei einer Litotes wird etwas nicht direkt behauptet, sondern die gegenteilige Aussage wird verneint. Dies kann auf verschiedene Weise ausgedrückt werden:
- Eine positive Aussage wird in ihr Gegenteil verwandelt. Zum Beispiel wird ‚große/gute Leistung‘ in ‚schlechte Leistung‘ umgewandelt und dann negiert (d. h. es wird zu ‚keine schlechte Leistung‘). Auf diese Weise entsteht die wörtliche Aussage ‚Einen Marathon in unter zwei Stunden zu laufen, ist keine schlechte Leistung‘, anstatt zu sagen, dass es eine gute Leistung ist.
- Es werden doppelte Verneinungen verwendet (z. B. ‚Ich kann es nicht nicht leiden‘). Durch die Kombination der negativen Wörter ‚Ich kann es nicht leiden‘ und ‚nicht‘ können sie die gegenteilige Bedeutung angeben und eine Bejahung ausdrücken (d. h., dass ich etwas mag).
- Eine Aussage, die Superlative wie ‚das Schlimmste‘ oder ‚das Beste‘ enthält, wird verneint. Die litotische Formulierung ‚nicht die hellste Kerze auf der Torte‘ ist beispielsweise eine humorvolle Redewendung, die andeutet, dass jemand nicht sehr intelligent ist.
Litotes enthalten immer irgendeine Form von negativer Aussage. Allerdings sind nicht alle negativen Aussagen Beispiele für Litotes. Der Satz ‚Lass keinen Weg unerforscht‘ enthält eine Verneinung, ist aber weder eine Litotes noch eine Übertreibung.
Außerdem ist zu beachten, dass Litotes oft mehrdeutig sind und ihre Bedeutung vom Kontext und der Intonation abhängt. So könnte der Satz ‚Es ist kein Matisse‘ wörtlich als ‚Es ist kein Matisse; es ist ein Cezanne‘ interpretiert werden, wenn jemand ein Gemälde falsch identifiziert. Es könnte aber auch ein Beispiel für Litotes sein, d. h. für verbale Ironie, mit der unterstrichen wird, wie schlecht ein Kunstwerk gemalt ist.
Litotes Beispiele
Litotes sind eine indirekte Art, negative oder positive Gefühle in alltäglichen Gesprächen auszudrücken. Dies kann aus verschiedenen Gründen geschehen, z. B. um die Gefühle anderer Menschen nicht zu verletzen oder um zu vermeiden, jemanden offen zu loben oder ihm/ihr zuzustimmen.
Direkte Aussage | Litotes |
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Er ist schlecht in Mathe. | Er ist nicht der Beste in Mathe. |
Das ist eine große Sache. | Das ist keine Kleinigkeit. |
Sie ist wohlhabend. | Sie nagt nicht gerade am Hungertuch. |
Das ist ganz einfach. | Das ist keine Raketenwissenschaft. |
Du wirst froh sein, dass du das gekauft hast. | Du wirst es nicht bereuen, dass du das gekauft hast. |
Das war schon ganz gut. | Das war gar nicht so schlecht. |
Der Hund ist groß. | Der Hund ist gar nicht so klein. |
Litotes Beispiele in der Literatur
Litotes werden häufig als literarisches Mittel verwendet, um eine Bedeutung indirekt zu vermitteln, um Kontraste zu schaffen oder aus anderen stilistischen Gründen.
In den folgenden Zeilen aus Sonett 116 verwendet Shakespeare Litotes, um die Dauerhaftigkeit der Liebe zu beschreiben, indem er erklärt, was Liebe nicht ist.
kein Hindernis gelten lassen. Die Liebe ist nicht Liebe,
die sich ändert, wenn sie Veränderung vorfindet,
oder nachgibt und zugleich mit dem Entweichenden entweicht. […]
Weitere Stilmittel, die in der Literatur verwendet werden, sind:
Warum verwenden wir Litotes?
Litotes sind ein vielseitig einsetzbares Stilmittel, das es Rednern und Schriftstellern ermöglicht, ihre Aussage zu untertreiben, um verschiedene Effekte zu erzielen:
- Bescheidenheit ausdrücken: Litotes können verwendet werden, um die eigenen Leistungen herunterzuspielen und nicht prahlerisch zu wirken. Dies ist auch eine Möglichkeit für einen Sprecher oder Autor, Ethos zu vermitteln. Ein Sportler, der gerade seinen alten Rekord gebrochen hat, könnte seine Leistung herunterspielen, indem er sagt, dass seine Leistung ‚nicht schlecht‘ sei.
- Kritik abmildern: Wir verwenden oft Litotes, um Kritik auszudrücken, ohne verletzend zu sein. Diese Form des Understatements kann die Wirkung unserer Worte abmildern und unsere Botschaft indirekt vermitteln. Zum Beispiel können wir einem Freund sagen: ‚Du bist nicht gerade der organisierteste Mensch‘, anstatt: ‚Dein Organisationstalent ist eine Katastrophe‘.
- Betonung hinzufügen: Litotes betonen eine Eigenschaft, indem sie das Gegenteil dieser Eigenschaft negieren. Das Gegenteil ist der Fall: Es wird das hervorgehoben, was heruntergespielt wird. Wenn wir zum Beispiel sagen: ‚Das Hotel war nicht die beste Unterkunft, die wir hätten wählen können‘, und dabei das Wort ‚nicht‘ betonen, implizieren wir, dass das Hotel tatsächlich schrecklich war.
- Ausdruck von Ironie: Litotes können als eine Form der verbalen Ironie verwendet werden. Ein Beispiel wäre die Aussage: ‚Nun, das war nicht gerade die sanfteste Landung‘, nachdem wir eine turbulente Landung erlebt haben.
- Aufrechterhaltung psychologischer Distanz: Litotische Äußerungen wie ‚Ich finde es nicht schlimm‘ oder ‚nicht schlecht‘ sind unverbindlich, d. h. sie geben keinen klaren Hinweis auf unsere Gedanken und Gefühle. Auf diese Weise vermeiden wir es, uns auf eine Situation einzulassen und uns damit angreifbar zu machen.
Häufig gestellte Fragen zu Litotes
- Gibt es doppelte Verneinung im Deutschen?
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Die Litotes als Stilfigur bringt durch die doppelte Verneinung das Gegenteil zum Ausdruck. Sie bejaht dadurch eine Aussage oder drängt diese durch Untertreibung in den Vordergrund.
- Sind Litotes und Trope das Gleiche?
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Nein, ‚Trope‘ ist eher ein Überbegriff für Stilfiguren, die eine Austauschfunktion besitzen. Die Litotes zählt zu dieser Gruppe der Stilfiguren, da sie das eigentlich Gemeinte gegen etwas anderes austauscht.