Roter Faden | Bedeutung und Herkunft

Als ‚roter Faden‘ wird der leitende Grundgedanke eines Textes, eine Richtlinie oder auch ein Grundmotiv verstanden. Er beschreibt außerdem etwas, das immer wiederkehrt und so eine typische Besonderheit darstellt.

Beispiel: roter Faden
Seine Bindungsangst zog sich wie ein roter Faden durch seine Beziehungen.

Das Bild des roten Fadens stammt aus dem Handwerk der Seilerei. Die britische Marine ließ in ihre Taue jeweils einen roten Faden einweben, der sich durch das ganze Seil zog. Dadurch waren ihre Seile als ihr Eigentum gekennzeichnet und vor Diebstahl geschützt.

Roter Faden: Bedeutung

Als ‚roter Faden‘ wird allgemein ein Leitmotiv oder der Grundgedanke eines Textes bezeichnet. In einer Geschichte gibt er beispielsweise die grobe Struktur vor.

In einer wissenschaftlichen Arbeit ist der rote Faden der inhaltliche, logische Zusammenhang zwischen der eingangs gestellten Forschungsfrage, den Ausarbeitungen im Hauptteil und dem Fazit. Alle Argumente müssen auf das Ziel ausgerichtet sein, die Forschungsfrage zu beantworten.

In der Alltagssprache kann das Bild des roten Fadens aber auch jenseits von Texten genutzt werden.

Wenn sich etwas ‚wie ein roter Faden durchzieht‘, dann ist damit gemeint, dass eine Situation, eine Eigenschaft oder eine Begebenheit immer wiederkehrt und somit typisch ist.

Beispiel: der ‚roter Faden‘ in der Umgangssprache
Ihre Erfolge zogen sich wie ein roter Faden durch ihre Karriere.

Roter Faden: Herkunft

Die Redewendung des ‚roten Fadens‘ stammt aus der Seefahrt. Damals kam es oft vor, dass Taue von den Schiffen gestohlen wurden.

Die Briten haben daher etwa ab dem 18. Jahrhundert einen roten Faden in ihre Seile eingearbeitet, der nicht entfernt werden konnte, ohne das Seil zu zerstören. Dadurch waren die Seile der britischen Marine vor Diebstahl geschützt.

Zur Redewendung wurde der ‚rote Faden‘ aber erst durch Johann Wolfgang von Goethe, der das Bild in seinen „Wahlverwandtschaften“ aufgriff. Darin heißt es:

Zitat: Goethes „Wahlverwandtschaften“
„Sämtliche Tauwerke der königlichen Flotte, vom stärksten bis zum schwächsten, sind dergestalt gesponnen, dass ein roter Faden durch das Ganze durchgeht, den man nicht herauswinden kann, ohne alles aufzulösen, und woran auch die kleinsten Stücke kenntlich sind, dass sie der Krone gehören.“ (Teil 2, Kapitel 2)

„Ebenso zieht sich durch Ottiliens Tagebuch ein Faden der Neigung und Anhänglichkeit, der alles verbindet und das Ganze bezeichnet.“ (Teil 2, Kapitel 4)

Goethe übertrug den roten Faden also erstmals sinnbildlich auf Texte. So entwickelte sich der ‚rote Faden‘ als Metapher für die Struktur oder den Grundgedanken eines Textes.

Beachte
Schon lange vor Goethe, nämlich bereits in der griechischen Mythologie, gab es das Bild des sogenannten Lebensfadens, den Göttinnen für die Menschen woben und so ihr Schicksal bestimmten.

Und in Ostasien kennt man aus chinesischen, koreanischen und japanischen Legenden den „roten Faden des Schicksals“, mit dem Götter Menschen an ihren vorbestimmten Partner binden.

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Häufig gestellte Fragen zur Redewendung ‚roter Faden‘

Welche Bedeutung hat der rote Faden in der Liebe?

Eine chinesische Legende besagt, dass Yue Lao, der Gott der Ehe, einen unsichtbaren roten Faden spinnt, mit dem er füreinander bestimmte Liebespaare verbindet.

Dieser Faden kann nicht reißen und wird bereits gewebt, bevor sich die Liebenden das erste Mal begegnen.

In der Kunst wird Yue Lao meist mit einem Bündel roter Fäden dargestellt, die er um seine Finger wickelt, während er die Schicksalsfäden der Menschen lenkt.

Ähnliches wird auch in koreanischen oder japanischen Legenden berichtet.

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Yvonne Durmann, M.A.

Yvonne hat einen Master in Germanistik und arbeitet seit 2015 als Korrektorin und Lektorin. Ihre Spezialgebiete sind die deutsche Sprachwissenschaft und die Neuere deutsche Literatur.